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Aktuellstes und Zusammenfassung im Fall des Komapatienten Peter K.

10. Nov 2008

Pressemitteilung München, den 27.02.2004

Strafanzeige wegen Lebensverlängerung gegen den Patientenwillen Staatsanwaltschaft Traunstein verneint Anfangsverdacht

Rechtsanwälte des Kiefersfeldener Komapatienten gehen in Beschwerde

Am 04.02.2004 haben wir gegen Rechtsanwalt Martin B. Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung im Amt und Misshandlung Schutzbefohlener bei der Staatsanwaltschaft Traunstein erstattet. Dieser Rechtsanwalt hatte als vom Vormundschaftsgericht Rosenheim bestellter sog. “Ergänzungsbetreuer” einer Operation unseres Mandanten, des Kiefersfeldener Komapatienten Peter K. zugestimmt, die sowohl von uns als auch von Peter K.s Vater als rechtlichem Betreuer als auch von Peter K.s Arzt verboten worden war, nämlich der Erneuerung der Magensonde. Das Pflegeheim Alpenpark in Kiefersfelden, wo Peter K. gegen seinen Willen künstlich ernährt wird, hatte dieses Verfahren bewirkt. Nachdem die Magensonde brüchig geworden war, konnten die Pflegekräfte die Zwangsernährung gegen den Patientenwillen nur nach einer operativen Auswechslung dieses medizinischen Geräts in einer Operation fortsetzen. Aufgrund der Zustimmung des Ergänzungsbetreuers wurde Peter K. jetzt also auch noch einer Operation gegen seinen Willen unterzogen, damit die Pflegekräfte ihn weiterhin gegen seinen Willen zwangsernähren können.

Mit Verfügung vom 18.02.2004 hat die Staatsanwaltschaft Traunstein gem. § 150 Abs. 2 StPO von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den beschuldigten Rechtsanwalt Martin B. abgesehen.

Die “Gründe” umfassen 20 Zeilen. Die tragende Begründung lautet wörtlich: “Mit der Genehmigungserteilung hat sich der Beschuldigte für den zur Lebenserhaltung notwendigen Eingriff entschieden. Ein willkürlicher Gebrauch oder evidenter Missbrauch seiner Stellung und Befugnisse als Ergänzungsbetreuer ist nicht ersichtlich.”

Sodann weist die Staatsanwaltschaft zutreffend daraufhin, dass der Strafanzeige eine langjährige, im Betreuungsrecht wurzelnde Auseinandersetzung zugrunde liege, in deren Rahmen zivilrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung der künstlichen Ernährung gegen den früher erklärten Willen des Patienten vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden. Sodann heißt es weiter wörtlich: “Mit vorliegender Strafanzeige sucht der Anzeigeerstatter offensichtlich seine Rechtsansicht auch unter Zuhilfenahme der Strafjustiz durchzusetzen.”

Gegen die Verfügung haben wir heute Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft München erhoben. Zur Begründung haben wir darauf hingewiesen, dass die Strafanzeige nicht dazu dient, dass der vom Betroffenen beauftragte Rechtsanwalt eine Rechtsansicht unter Zuhilfenahme der Strafjustiz durchsetzen will.

Die Verfügung übersieht, dass die “künstliche Ernährung gegen den früher erklärten Willen des Patienten” auch eine strafrechtliche Relevanz hat; denn nach der ständigen Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ist eine künstliche Ernährung gegen den früher erklärten Willen des Patienten eine strafbare Körperverletzung (BGH NJW 1995, 204 u. a.)

Falls Sie unsere erste Presseerklärung zu diesem Vorgang nicht mehr vor sich haben, hier noch einmal der Fall:


Der Fall des Komapatienten Peter K.:

(Darstellung von Wolfgang Putz, Beate Steldinger, Alexander Sessel, Rechtsanwälte)

Peter K. hat in gesunden Zeiten eine Vorausverfügung (sog. Patientenverfügung) getroffen, dass er im Falle eines irreversiblen Komas, welches ihn an einem bewussten und umweltbezogenen Leben, an Kommunikation mit anderen Menschen und an der Fähigkeit, eigene Einsichten zu gewinnen und Entscheidungen zu treffen, hindert, nicht durch invasive Maßnahmen am Sterben gehindert werden darf. Ausdrücklich hat er alle lebenserhaltenden respektive lebensverlängernden Maßnahmen für einen solchen Fall verboten.

Inzwischen hat der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung vom 17. März 2003, NJW 2003,1588 klargestellt, dass dieser Wille bei Eintritt des Bewusstseinsverlustes fortdauert und alle Beteiligten absolut bindet. Jede gegen diesen Willen gerichtete invasive Maßnahme stellt nach der dauernden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zum Beispiel NJW 1995,204 mit weiteren Hinweisen) eine rechtswidrige Körperverletzung dar.

In diesem Sinne machen wir zurzeit die zivilrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung der künstlichen Ernährung gegen den Willen unseres Mandanten gegen das Pflegeheim bei den Zivilgerichten geltend. Im März / April 2004 will der XII. Senat des Bundesgerichtshofs über die Revision erstmals verhandeln. Hier geht es aber nur um die Frage, ob man die Pflegekräfte zur Unterlassung der Zwangsernährung zwingen kann. Der Sterbewille des Patienten ist vom Pflegeheim von Anfang an unstreitig gestellt worden!

Gegenstand unserer Strafanzeige ist jedoch folgender Sachverhalt: Unser Mandant wird über eine so genannte PEG-Magensonde künstlich ernährt. Dies ist ein Infusionsschlauch, der direkt durch die Bauchdecken in den Magen führt. Über diese Infusion werden Flüssigkeit und Infusionslösung mit kalorischem Inhalt mittels einer maschinellen, programmierten Pumpe zugeführt, die die verloren gegangene Fähigkeit zu natürlicher Nahrungsaufnahme und Trinken ersetzt. Der Bundesgerichtshof hat in der angesprochenen Entscheidung aus dem Jahr 1994 richtig und auch in Übereinstimmung mit der einstimmigen medizinischen Methodenlehre festgestellt, dass es sich hierbei um eine ärztliche invasive Maßnahme der Substitution handelt, auch wenn diese in der Praxis zur laufenden Versorgung teilweise oder ganz an das Pflegepersonal übertragen wird.

Nach der Rechtsprechung und Lehre (vgl. die Übersichten Taupitz, Patientenautonomie am Lebensende, Gutachten A zum 63. Deutschen Juristentag, Verlag C. H.  Beck-Verlag, Leipzig 2000 sowie Putz/Steldinger, Patientenrechte am Ende des Lebens, C.  H.  Beck-Verlag, München 2003) bedarf eine derartige fortgesetzte invasive ärztliche Behandlung der fortgesetzten medizinischen Indikation und eines fortdauernden zustimmenden Patientenwillens.

Im Falle unseres Mandanten Peter K. ist schon wenige Tage nach dem Ereignis, bei dem irreversibel sein Großhirn zerstört wurde, medizinisch unumstritten gewesen, dass jede weitere lebenserhaltende oder lebensverlängernde Handlung nicht mehr indiziert ist. Deswegen wurde seinerzeit in der neurologischen Universitätsklinik Hannover auch die Beatmung abgestellt, damit der Patient sterben durfte. Lediglich aus einem Rechtsirrtum insistierte der Betreuer damals nicht konsequent auch auf einer Einstellung der ebenso wie die Beatmung lebensverlängernden Infusion in den Magen.

Für den bereits wenige Tage nach seiner Großhirn-Zerstörung erreichten und bis heute unverändert andauernden Zustand hat Peter Klunk in gesunden Tagen verbindlich (wie vom Bundesgerichtshof sowohl in seiner Entscheidung vom 1994 als auch erneut in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2003 anerkannt) vorausverfügt, dass er in einem solchen Zustand lebensverlängernde respektive lebenserhaltende Maßnahmen nicht erlaube. Diese seine Patientenverfügung bindet nach BGH NJW 2003, 1588 alle Beteiligten!

Für eine Substitution (künstliche Aufrechterhaltung verlorener körperlicher Fähigkeiten) ist grundsätzlich die doppelte Legitimation erforderlich, medizinische Indikation und Patientenwille. An beidem fehlt es hier.

Demgemäß hat der behandelnde Arzt Dr. S. schon im Jahr 2001 und erneut in seinen Bestätigungen vom 13.05.2003 und vom 08.01.2004 für den Bundesgerichtshof festgestellt, dass eine künstliche Ernährung zur reinen vegetativen Lebenshaltung schon allein aus medizinischer Sicht nicht vertretbar ist. In der Bestätigung vom 08.01.2004 hat er zusätzlich festgestellt, dass auch die Erneuerung der Magensonde aus dem gleichen Grunde ärztlich nicht vertretbar ist, zumal sie erst recht dem ausdrücklich geäußerten und fortdauernden Willen des Patienten widerspricht.

Im Dezember 2001 hatte die Haltung des Betreuers und des behandelnden Arztes zu einer Anzeige des Pflegeheims und einem Verfahren auf Überprüfung der Eignung des Betreuers durch das Amtsgericht Rosenheim, VormG, geführt. In den Akten des Amtsgerichts Rosenheim finden sich auch zwei Medizinische Gutachten, die keinen Zweifel offen lassen.

Im Beschluss vom 03.12.2001 stellte das Vormundschaftsgericht Rosenheim folglich fest, dass an der Eignung des Betreuers, des Vaters von Peter K., angesichts dessen Vorhabens, seinen Sohn sterben zu lassen, keine Zweifel bestehen.

Aufgrund einer Strafanzeige des Bundestagsabgeordneten Hüppe kam es zu einem Ermittlungsverfahren vor der Staatsanwaltschaft Traunstein mit dem Aktenzeichen 201 Js 741 / 02 gegen Rechtsanwalt Wolfgang Putz und den Arzt von Peter K., Dr. S. Hier wurde ebenso festgestellt, dass das Verhalten des Arztes und des Rechtsanwalts des Betreuten auf keinerlei strafrechtliche Bedenken stößt. Wörtlich heißt es in der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft (vollständig abgedruckt in “Patientenrechte am Ende des Lebens” W. Putz, B. Steldinger, C. H. Beck Verlag, München 2003):

“Nach alledem sprechen sämtliche bekannten Umstände dafür, dass der angeordnete Behandlungsabbruch dem mutmaßlichen Willen des Patienten Peter K entspricht. Anhaltspunkte für Zweifel am Wahrheitsgehalt der vom Beschuldigten Putz vorgelegten schriftlichen Äußerungen von Verwandten und Freunden des Patienten sind nicht ersichtlich.”

Nach gesicherter ärztlicher Erkenntnis ist der Zustand des Patienten heute erst recht im medizinischen Sinne hoffnungslos. Der Patient liegt nunmehr seit über fünf Jahren im Koma. Er hat keinerlei Aussicht mehr, eine irgendwie geartete Besserung zu erleben. Eine weitere künstliche Lebenserhaltung verbietet sich in einem solchen Falle schon mangels medizinischer Indikation.

In Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen ist der Betreuer verpflichtet, dem Willen des Patienten, der auch nach Verlust des Bewusstseins fortdauert, Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Dies hat der Bundesgerichtshof in seiner jüngsten Entscheidung (NJW 2003,1588) ausdrücklich betont. Dies bedeutet, dass der Betreuer den Willen des Patienten allen für die Behandlung des Patienten Verantwortlichen bekannt machen muss und dafür sorgen muss, dass der Wille nicht missachtet und somit realisiert wird.

Aktueller Anlass unserer Strafanzeige war die Tatsache, dass Ende des Jahres 2003 die Magensonde schadhaft geworden war, sodass es zu einem Austreten von Sondennahrung respektive von zurückdrückender Magensäure an der Hautoberfläche im Bereich des Bauches kam. Dadurch war eine Rötung der Haut entstanden. Die Pflegekräfte hatten die Sonde mit einem Pflaster abgedichtet.

Auf Grund dieser Schadhaftigkeit hatte das Pflegeheim beim Klinikum Rosenheim einen Operationstermin beantragt, an dem Peter K. eine neue Magensonde in einer Operation eingesetzt werden sollte. Der Betreuer Dieter K. wurde lapidar informiert und zur Zustimmung aufgefordert. Daraufhin haben sowohl der Betreuer als auch unsere Kanzlei als anwaltliche Vertreter des Betreuten jedermann verboten, bei Peter K. die Magensonde in einem chirurgischen Eingriff zu erneuern. Dieses Verbot wurde sowohl an das Pflegeheim als auch an alle in Frage kommenden Kliniken, so auch an das Klinikum Rosenheim gerichtet. Daraufhin wurde der Operationstermin vom Klinikum Rosenheim abgesetzt.

Das Pflegeheim wandte sich nun durch seinen anwaltlichen Vertreter mit SS vom 02.01.2004 an das VormG. Das VormG eröffnete erneut ein Verfahren auf Prüfung der Eignung des Betreuers (Beschluss vom 02.01.2004). Das Vormundschaftsgericht Rosenheim bestellte in diesem Verfahren den Rechtsanwalt Martin B. zum Ergänzungsbetreuer mit dem besonderen Aufgabenkreis “Kontrolle und Wiederherstellung der ordnungsgemäßen Funktionen der PEG-Anlage des Betreuten (z. B. Zustimmung zu einer Operation) einschließlich der dazu erforderlichen Ortsveränderung (z. B. Verlegung in eine Klinik)”. Beim Anhörungstermin betonte der Richter rechtlich völlig korrekt, dass die Richtung der zu treffenden Entscheidung dem Ergänzungsbetreuer nicht vorgegeben werden könne. Rechtsanwalt B. könne sich auch nach Prüfung der Sach- und Rechtslage auch gegen eine Erneuerung der PEG-Magensonde entscheiden und dieser sodann im Einklang mit dem Betreuer Dieter Klunk die Zustimmung verweigern mit der Begründung, dass der Patient sterben wolle.

Der Ergänzungsbetreuer Rechtsanwalt Martin B. erteilte jedoch sofort und ohne Prüfung der Sach- und Rechtslage die Genehmigung zum Eingriff, in welchem die Magensonde erneuert wurde. Dieser Eingriff umfasst sowohl eine Narkose als auch den eigentlichen operativen Eingriff, also ohne jeden Zweifel eine sogar zweifach invasive, ärztliche Maßnahme.

Der Ergänzungsbetreuer hat in seiner alleinigen Verantwortung rechtswidrig gehandelt:

I. Der Ergänzungsbetreuer hat sich nicht über die medizinische Indikation kundig gemacht.

Hierzu war er verpflichtet, jedenfalls im konkreten Fall deswegen, weil sich aus dem Akteninhalt die medizinische Situation vollumfänglich inklusive ärztlicher und gerichtlicher Bewertungen ergibt. Darüber hinaus lagen ihm die diversen Anordnungen und Atteste des behandelnden Arztes Dr. S. vor. Aus allem ergibt sich, dass nach medizinischer Methodenlehre ein ärztliches Handeln nur noch im palliativen Bereich gerechtfertigt ist, wozu unstreitig nicht die Erneuerung einer brüchigen Magensonde gehört. Für die Sterbephase ist nur noch palliative ärztliche und pflegerische Betreuung erforderlich, dazu ist überhaupt keine Magensonde erforderlich. Die potentiellen Schmerzen (des Komatösen) wegen der Hautrötung hätte man mit allen üblichen Mitteln der Schmerztherapie bekämpfen können. Auch dies indizierte keinen Sondenwechsel.

II. Der Ergänzungsbetreuer hat sich nicht über den aktuellen Willen des Patienten kundig gemacht.

Hierzu war er verpflichtet. Er weiß als Rechtsanwalt, dass der Eingriff, der schließlich im Klinikum Rosenheim durchgeführt wurde, zwingend eines zustimmenden Patientenwillens bedurfte. Aus den Akten ist nun aber, wie auch der Staatsanwaltschaft bereits bekannt, umfassend ersichtlich und nachgewiesen, dass Peter K. in gesunden Tagen eine valide Patientenverfügung dahingehend verfasst hat, dass er in einem Zustand, wie er sich heute befindet, keine invasive lebensverlängernde Maßnahme duldet. Deshalb darf niemand, der die Interessen des Betreuten wahrzunehmen hat, einer solchen Maßnahme zustimmen. An dieses Verbot haben sich bisher der Betreuer und der verantwortlich handelnde Hausarzt gehalten. An dieses Verbot hat sich übrigens auch im Jahr 2003 das Klinikum Rosenheim gehalten, als der Patient mit einer akuten Lungenentzündung eingeliefert worden war. Damals wurde seitens des Klinikums Rosenheim auf weitere Ernährung im Krankenhaus verzichtet, damit der Sterbeprozess nicht weiter behindert wird. Lediglich die Rückverlegung in das Pflegeheim Alpenpark nach unerwartet erfolgter Ausheilung der Lungenentzündung (ohne curative Therapie bei gleichzeitigem weiteren Nahrungsentzug im Klinikum Rosenheim!) führte dazu, dass dort die Pflegekräfte erneut die Ernährung gegen den Willen des Patienten durch Infusionen wieder aufnahmen und fortsetzten.

Mit der Erneuerung dieser Sonde wird also nicht “nur” die weitere Körperverletzung durch Pflegekräfte ermöglicht. Die Ersetzung dieser Sonde selbst ist ein zusätzlicher operativer Eingriff und mangels Rechtfertigung eine rechtswidrige Körperverletzung des Patienten, die allein vom Ergänzungsbetreuer zu verantworten war und allein von diesem in die Tat umgesetzt wurde.

Zur strafrechtlichen Verantwortung zu ziehen ist also allein der als Ergänzungsbetreuer bestellte Rechtsanwalt Martin B.