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Hinter den Kulissen zum PV-Gesetzvorhaben

15. Dez 2008

Was tut sich hinter den Kulissen beim Patientenverfügung-Gesetz

"Wieder ein vertaner Monat" für ein Patientenverfügungsgesetzt klagt Michael Kauch (FDP) in einer Presseerklärung von letzten Freitag, den 12.12.: "Offensichtlich spielen hier einige Leute auf Zeit, damit in dieser Wahlperiode kein Ergebnis mehr zustande kommt. Das wäre ein Skandal gegenüber allen Bürgern, die seit nunmehr fünf Jahren auf eine Klärung der Rechtslage warten."

Hintergrund: Für den 19.12. stand das Thema „Patientenverfügung-Gesetz" vorige Woche noch auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

Der vorgesehene Zeitplan: Nach dem Stünker-Entwurf (den Kauch mitträgt) sollten noch vor Weihnachten die beiden anderen Entwürfe von Bosbach/Göhring-Eckardt/Röspel & Co. sowie von Zöller/Faust & Co. in die 1. Bundestagslesung gehen – um ein Gesetz noch vor Ostern 09 verabschieden zu können. Die Gründe für das erneute Verschieben liegen im Vagen. Es soll maßgeblich jemand aus der Bosbach-Gruppe dafür verantwortlich sein. Jedoch müssen zu einer Veränderung der Tagesordnung auch andere, nämlich die Fraktionsoberen der Parteien, zugestimmt haben. Vernehmlich gibt es noch innerfraktionellen Beratungsbedarf.

Die SPD-Fraktion läd für den 17.12. zu einer internen Veranstaltung ein. Neben dem Rechtspolitiker Stünker (SPD) wird dort der „Fundamental-Ethiker" Röspel (SPD) ein Referat halten. Der letztgenanntem tritt für Behandlungszwang bei Demenz-, Komapatienten und allen nicht Sterbenskranken – entgegen ihrer einer individuellen Patientenverfügung – eintritt. Ihm wird offensichtlich in der SPD-Fraktion immer noch mehr Gehör geschenkt als etwa der Ex-Justizministerin Däubler-Gmelin (SPD) und Schirmherrin der Hospizbewegung. Sie macht sich in der SPD für den dritten Entwurf – den von Zöller-Faust – stark, der sich von dem Stünker-Entwurf zur Verbindlichkeit einer Patientenverfügung nur in wenigen Details unterscheidet.

Nun am Ende doch gar kein Gesetzes-Vorhaben mehr? Dazu hat tatsächlich Bundesärztekammerpräsident Prof. Hoppe in einem Schreiben vom 17.11.2008 jeden einzelnen Bundestagsabgeordneten nachdrücklich aufgefordert (das Schreiben liegt der Patientenverfügung-Newsletter-Redaktion vor). Dort heißt es: "Wir Ärztinnen und Ärzte halten ein solches Vorhaben … für mehr als fraglich …"

Macht der Geschäftsordnungspolitik

Eine weitere Verzögerung bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag? Das wäre unverantwortlich und fatal. Denn die Politiker/innen haben inzwischen eins geschafft: Die bestehende Rechtssicherheit bei der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen wurde durch immer neue Vorschläge und Anforderungen untergraben und durchlöchert. Der normale Bürger (und Arzt) kann nicht unterscheiden, was lediglich veröffentlichte subjektive Meinung von Hobby-Ethikern und Hobby-Juristen unter den Abgeordneten ist und was bereits an rechtlicher Wirksamkeitsvoraussetzung gilt. Die Verunsicherung wächst.

Doch nun die positive Überraschung, nachzulesen im Blog von Oliver Tolmein in der FAZ von heute: Mit einer klugen Geschäftsordnungspolitik, so Tolmein, kann man viel bewirken. Normalerweise wird ein Antrag ins Parlament eingebracht, dort diskutiert (1. Lesung) und dann an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Tolmein erläutert: << Nicht so die aktuellen Entwürfe eines "Gesetzes zur Verankerung der Patientenverfügung im Betreuungsrecht" (Bosbach und Co.) bzw. eines "Gesetzes zur Klarstellung der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen" (Zöller, Faust und andere): sie werden zuerst am 17. Dezember im Rechtsausschuss beraten werden „unter dem Vorbehalt eines späteren Überweisungsbeschlusses", der dann nach politischem Ermessen bei der ersten Lesung um den 21. Januar 2009 herum – sozusagen retrospektiv – erfolgen wird. Zweck der Übung: Es soll bei der Sitzung des Rechtsausschusses noch in diesem Jahr die Anhörung aller drei vorgelegten Gesetzentwürfe im Rechtsausschuss für Anfang März 2009 konzipiert und beschlossen werden.>>

Der Rechtsausschuss erwäge, so Tolmein, die geplante Anhörung am 17.12. auf drei Stunden zu begrenzen.
Quelle: http://faz-community.faz.net

Wer nun aufeinander zugehen muss

Eine zügige Verabschiedung eines Gesetzes ist zwar kein Wert an sich. Doch angesichts der derzeitigen Situation mit zwei – der Tendenz nach – quasi gleichgerichteten Entwürfen, nämlich dem von Stünker & Co. und Zöller/Faust & Co., macht ein weiteres auseinanderdividieren keinen Sinn mehr. Es gilt vielmehr darum, den restriktiven, selbstbestimmungsfeindlichen und überbürokratisierten Antrag von Bosbach/Göhring-Eckardt/Röspel & Co. in die Schranken zu weisen.

Die bisherige Debatte war sinnvoll und hat zur Ausreifung beigetragen. Es dürfte auch klar geworden sein: Tatsächlich ist nicht alles regelbar – und die Grundsätze des Betreuungsrechtes werden weiter gelten. Schmerzlich bewusst gemacht hat die Debatte: Die vielleicht schwierigste aller Fragen, nämlich wie der mutmaßliche Wille eines dementen Patienten ohne jegliche Anhaltspunkt bzw. auch ohne Patientenverfügung zu ermitteln ist, kann ein Patientenverfügung-Gesetz nicht regeln. Eben sowenig wie moralisch-weltanschauliche oder inhaltlich-qualitative Probleme des Lebens und Sterbens.