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Hospizbewegung und Ideologie: Ausgrenzend gegen missliebige Dienste

10. Nov 2008

Bereits vor zehn Jahren hat Andreas Kuhlmann in der Frankfurter Rundschau darauf aufmerksam gemacht, dass die offiziell durch die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz vertretene Hospizbewegung zu einer "Idealisierung, ja Idyllisierung des Sterbens", neigt, die an einen "totalen ‚Heil’-Anspruch der Sterbetherapeuten" erinnert. "Von nötigenden, repressiven Zügen ist die Hospiz-Ideologie deshalb nicht frei." (Frankfurter Rundschau, 14.01.1995; vgl. auch HLS 2/1995, S. 11, Beitrag "Selbstbestimmt sterben?").

Erstmalig ist ein ambulanter, krankenkassenfinanzierter Hospizdienst im April auf Druck der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz nach fünfjähriger Mitgliedschaft aus dieser ausgeschlossen worden. Dabei ist der besagte VISITE-Hospiz-Dienst in jüngerer Zeit zweimal wegen hoher Qualität, Nachfragefrequenz und Innovation mit Förderpreisen ausgezeichnet worden – inhaltliche Mängel in der hospizlichen Sterbebegleitung waren nicht Grund der Vorwürfe, im Gegenteil.

Vielmehr hatte die Arbeitsgemeinschaft Hospiz allein den Träger, den Humanistischen Verband Deutschlands, im Visier. Dessen Haltung sei mit der Hospizidee absolut "unvereinbar". Von einem Mitglied sei zu erwarten, sich unter allen Umständen – auch denen eines rechtfertigen Notstandes nach § 34 StGB – für die Strafbarkeit jeder Form von "aktiver Sterbehilfe" auszusprechen. So hieß es in der Begründung für den Ausschluss. Dabei ging es u. a. um die allgemein ethische und rechtliche, gar nicht die Hospizarbeit betreffende Frage, wie z. B. die Hilfe zum Freitod eines dazu selbst nicht mehr fähigen Querschnittgelähmten zu bewerten ist. Ein solcher authentischer Fall des Ramon S. wurde im Film "Das Meer in mir" geschildert und hat vielerorts Mitgefühl und eine offene Debatte ausgelöst. Dies ist jedoch in der Hospizbewegung unerwünscht, die gern einen omnipotenten Alleinvertretungsanspruch für das Sterben für sich beansprucht.


In Zukunft könnten sich nach diesem Ausschluss freie Initiativen zur hospizlichen Sterbegleitung herausbilden, die dem ärztlich assistierten Suizid bei Schwerstkranken offener gegenüberstehen (der bekanntlich in unserem Land nicht strafbar ist). Schon heute gibt es kein einheitliches Sprachrohr der Hospizbewegung, vielmehr zwei völlig parallel agierende, teils konkurrierende Organisationen, nämlich die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz einerseits und die Deutsche Hospizstiftung andererseits. Warum sollte sich nicht eine weitere unabhängige Strömung herausbilden?


Der folgende offene Brief (leicht gekürzt)einer Bürgerin richtet sich gegen das Auftreten von Frau Gerda Graf, die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz, in der Phönix-Debatte "Sterbehilfe – Mord oder Menschlichkeit" vom 23.06.2004.

Von: edith.hoeltmann@t-online.de
Gesendet: Freitag, 25. Juni 2004
An: post@hospiz-verein-bergstrasse.de
Betreff: Phoenix 23.06.2004

Sehr geehrte Frau Gerda Graf,

ich bin 71 und lebe allein, und wieder einmal hat mich die Hospizseite nicht überzeugen können. Möglicherweise werde ich ja ein Hospizbett ergattern bzw. es einem anderen wegnehmen.

So gut die Hospizidee ist, so schlecht sind die Hospizsituation und die palliative Versorgung in Deutschland. Mich interessieren nicht die medizinischen Möglichkeiten, sondern die Leidens-, Pflege- und Sterbens-Wirklichkeiten. Und ich komme immer mehr zu der Überzeugung, dass die Hospizler selbst die Unterversorgung der Sterbenden perpetuieren, weil sie die Vorzüge ihrer Arbeit ständig hervorheben. Die Gesellschaft und die Betroffenen, die sich nicht gern mit dem Gedanken an das Sterben beschäftigen, haben immer Hospizadressen im Kopf, an die sie sich notfalls wenden wollen.

Ich bin seit langem überzeugt, dass nur eine ernsthafte parlamentarische Debatte über die aktive Sterbehilfe zu einem ausreichenden Angebot an Palliativmedizin und Hospizbetten führen wird. In dieser Überzeugung hat mich Herr Professor Dietrich Kettler bestärkt mit seinem Hinweis darauf, dass in Holland die palliative Versorgung seit der Legalisierung der Euthanasie wesentlich besser geworden ist. …

Ich habe Ihre Mimik als verletzend empfunden. Sie haben Herrn Wolfgang Kausch von der DGHS nicht Ernst genommen.

Vergangene Zeiten zu loben, wenn es um die Sorge für die Alten geht, ist sicher verfehlt; es ist noch gar nicht so lange her, dass Altsitzer fürchteten, mit Arsen, dem so genannten Altsitzerpulver, entsorgt zu werden. Allein das Wort zeigt, dass solche Morde keine Einzelfälle waren.

Mit freundlichem Gruß
Edith Höltmann