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Kommentare (chronologisch): Politiker und Experten zum Gesetzentwurf des BMJ

10. Nov 2008

Zur Berliner Veranstaltung vom 22.11.2004 in der Friedrich-Naumann-Stiftung u. a. mit Bischof Huber und Prof. Hoppe (Bundesärztekammer-Präsident) siehe:

http://www.aerztezeitung.de/docs/2004/11/26/216a0602.asp?cat=/geldundrecht


Bischof Huber begrüßte die Privilegierung eines Bevollmächtigten in der Regel eines Angehörigen oder Nahestehenden gegenüber dem amtlich bestellten Betreuer. Die Familie müsse einen Vertrauensvorschuss genießen. Bei der Patientenverfügung plädierte er eindeutig für die notwendige Schriftform sonst hätte man es wohl nicht mit einer Patientenverfügung zu tun, sondern mit einer anderen Erklärung.

Der Justizminister Herbert Mertin (FDP) von Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der dortigen Bioethik-Kommission betonte auf der Veranstaltung, eine Einschränkung nicht gelten lassen zu wollen. Gerade die Vorstellung eines jahrelangen Wachkomas sei für viele Menschen nicht akzeptabel. Und für sich selbst forderte Mertin: “Ich möchte nicht, dass meine Familie dadurch belastet wird.”

Der Fall von Wachkoma-Patienten markiert die strittigen Kernfragen in der Diskussion um Patientenverfügungen. Neben der Reichweite geht es auch um die Form. Muss eine Patientenverfügung schriftlich verfasst werden? Muss ein Arzt den Patienten beraten haben?

Klaus Kutzer hingegen sieht wenig Grund zum Streit um die Form, Inhalt und Beratungspflicht. In der Begründung des Gesetzesentwurfes sei klar beschrieben, dass inhaltliche und zeitliche Nähe zur Krankheitssituation für die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung notwendig und die Beratung durch einen Arzt wünschenswert seien, so Kutzer. “Diesem Gesetzeswillen wird sich kein Gericht bei der Beurteilung eines konkreten Falls entziehen.”


Quelle: Evangelische Nachrichtenagentur Idea vom 24.11.2004

Wann soll eine Patientenverfügung gelten?

Minister fordert klare Regeln für Umgang mit dem Willen Sterbender

Berlin (idea) Eine klare gesetzliche Regelung zur Gültigkeit von Patientenverfügungen fordert der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin. In der Berliner Friedrich-Naumann-Stiftung sagte der FDP-Politiker, die Patientenverfügung sei ein wesentliches Element der Selbstbestimmung über das eigene Sterben. Viele Menschen hätten Angst, dass Dritte am Lebensende über sie entschieden. Wer seinen Willen klar formuliere, beseitige diese Angst. Betreuer, Ärzte und Gerichte müssten dann aber auch zwingend an den Patientenwillen gebunden werden, zum Beispiel, wenn ein ins Wachkoma gefallener Patient zuvor ausdrücklich seinen Wunsch zur Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen geäußert habe. “Ich selbst habe für diesen Fall eine Patientenverfügung unterzeichnet, weil ich meiner Familie nicht durch ein mehrjähriges Wachkoma zur Last fallen will”, bekannte der 46-jährige Katholik. Der Vorsitzende der interdisziplinären Arbeitsgruppe zur Patientenverfügung im Bundesjustizministerium, der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof Klaus Kutzer forderte, auch mündliche Äußerungen als Patientenverfügungen gelten zu lassen. Außerdem sei die Arbeitsgruppe dagegen, Patientenverfügungen nur bei einem Leiden, das in jedem Fall zum Tode führe, gelten zu lassen. Häufigster Anlass sei ein unumkehrbares Wachkoma und Demenz im fortgeschrittenen Stadium. Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Jörg-Dietrich Hoppe, hält hingegen die Anwendung einer Patientenverfügung beim Wachkoma für verfehlt. Oft lasse sich über viele Jahre nicht absehen, ob solche Patienten das Bewusstsein wiedererlangen. Hoppe: “Wachkomapatienten dämmern nicht dem Tode entgegen, sondern befinden sich im Zustand eines eingetrübten Bewusstseins.” Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber (Berlin), berichtete, dass die Kirchen seit 1999 mehr als 1,5 Millionen Formulare für christliche Patientenverfügungen verteilt haben. Diese dürften aber auf keinen Fall ein gleitender Übergang zur aktiven Sterbehilfe sein.


15.11.2004, Quelle: Forum www.gesetzeskunde.de (Arzt-Patienten-Recht)

Die SPD-Gesundheitsexpertin Dr. Marlies Volkmer hat gefordert, die Reichweite von Patientenverfügungen nicht auf finale Krankheitsstadien zu beschränken. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Verfügungen nach ärztlicher Beratung schriftlich verfasst und ständig aktualisiert werden, sagte Volkmer der “Ärzte Zeitung”.

Volkmer unterstrich damit ein Minderheitenvotum der Enquête-Kommission, die mehrheitlich eine Reichweitenbeschränkung von Patientenverfügungen angemahnt hatte. Im vorgestellten Gesetzentwurf aus dem Justizministerium werden dagegen weder Form- noch Fristvorgaben gemacht


05.11., Quelle: Märkische Oderzeitung vom 05.11.:

“Streit um Gesetzentwurf zur Patientenverfügung

Berlin (dpa) Nach dem Gesetzentwurf, der am Freitag in Berlin vorgestellt wurde, soll das so genannte Patienten-Testament auch bei Wachkoma- und Demenzpatienten gelten, deren Erkrankung nicht zwangsläufig zum Tod führt. Nach Schätzungen haben bereits sieben Millionen Deutsche Patientenverfügungen verfasst. Diese sollen durch das neue Gesetz, das Anfang 2006 in Kraft treten soll, ein größeres Gewicht bekommen und Angehörigen sowie Ärzten eine größere Rechtssicherheit geben.

Die parteiübergreifende Bundestags-Enquête-Kommission “Ethik und Recht in der modernen Medizin” hatte sich dafür ausgesprochen, dass die Verfügungen, mit denen sich Kranke etwa gegen eine künstliche Ernährung aussprechen können, nur dann verbindlich sein sollen, wenn die Krankheit unvermeidlich zum Tod führt. Der Bioethik-Experte der SPD-Fraktion, Wolfgang Wodarg, nannte den Gesetzentwurf in der “Berliner Zeitung” eine “Katastrophe”. Er beschwerte sich im Bayrischen Rundfunk (05.11.) darüber, dass der Bericht der Enquêtekommission völlig ignoriert worden sei. Angesichts des wachsenden Kostendrucks in den Krankenhäusern sei eine wie von Zypries vorgesehene Stärkung der Patientenrechte gefährlich. Ärzte stünden unter Druck, teure lebenserhaltende Geräte abzuschalten oder Medikamente nicht mehr zu geben, um Geld zu sparen. Als Skandal bezeichnete Wodarg die Tatsache, dass die Mitglieder der Enquêtekommission vom Ministerium den Gesetzentwurf nicht wie andere Institutionen vorab erhalten hätten.

Kritik gab es ferner an der vorgesehenen Regelung, dass auch solche Patientenverfügungen gelten sollen, die mündlich abgegeben wurden. Eugen Brysch von der Deutschen Hospiz Stiftung warnte, mündliche Erklärungen “bergen die enorme Gefahr, falsch verstanden oder falsch wiedergegeben zu werden”. Er ergänzte: “Allein durch unüberprüfbare Zeugenaussagen über das Leben oder den Tod eines Menschen zu bestimmen, ist grob fahrlässig.” Der CDU/CSU-Sprecher in der Enquête-Kommission, Thomas Rachel, sagte, im Bürgerlichen Gesetzbuch gebe es selbst für Grundstückskäufe strengere formelle Regeln. Zypries erklärte hingegen, man wolle es einem schwer kranken Patienten ersparen, dass er bei Änderung seiner Meinung eine schriftliche Erklärung auch schriftlich widerrufen muss


Quelle: Pressemitteilung vom 13.10.2004 des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (STMAS Bayern)

http://www.stmas.bayern.de/cgi-bin/pm.pl?PM=0410-612.htm Beitrag zum Deutschen Hospiztag am 14.10.2004

Sozialministerin Stewens fordert eindeutige bundesgesetzliche Regelung zur Patientenverfügung gegen Zwang zur Schriftform

“Wir müssen die Patientenverfügung baldmöglichst stärker mit einer eindeutigen bundesgesetzlichen Regelung absichern. Zu einem würdigen Dasein in der letzten Lebensphase gehört auch die Sicherheit, dass der eigene Wille bis zuletzt respektiert wird”, erklärte Bayerns Sozialministerin Christa Stewens und Schirmherrin der Bayerischen Stiftung Hospiz heute anlässlich des Deutschen Hospiztages am morgigen Donnerstag.

Der Patientenwille dürfe nach Auffassung der Ministerin aber nicht so sehr eingeschränkt werden, wie es die Enquêtekommission des Deutschen Bundestages vorschlage. Diese fordert in ihrem aktuellen Zwischenbericht, Patientenverfügungen müssten zwingend schriftlich abgefasst werden. “Gerade in diesem sensiblen und höchstpersönlichen Bereich sollten wir nicht in einen überzogenen Bürokratismus oder in eine Formularwut verfallen”, betonte Stewens und fügte hinzu: “Natürlich ist der schriftlich niedergelegte Wille des Patienten leichter nachweisbar, so dass eine schriftliche Abfassung zu empfehlen ist. Aber auch wenn jemand sich nur mündlich geäußert hat, so muss dies doch respektiert werden. Wir dürfen für die Patientenverfügung keine zu großen Hürden aufbauen.”

Die Ministerin empfahl allen Bürgerinnen und Bürgern, sich durch die aktuellen Diskussionen nicht verunsichern zu lassen. “Lassen Sie sich beraten, sprechen Sie mit Ihrem Arzt, Ihren Angehörigen, mit Menschen Ihres Vertrauens darüber, wie Sie sich die letzte Phase Ihres Lebens vorstellen”, so Stewens. Eine Patientenverfügung leiste in jedem Falle den Ärzten und auch den Angehörigen eine entscheidende Hilfestellung, in einer Grenzsituation die richtige Entscheidung zu treffen und dabei den Willen des Betroffenen zu berücksichtigen.


14.10.2004 Newsletter patientenverfuegung.de:

Auf Zustimmung stieß Zypries dagegen bei der FDP und bei Bayerns Sozialministerin Christa Stewens. Der Patientenwille dürfe nicht in dem Maße eingeschränkt werden, wie von der Bundestagskommission vorgesehen, sagte die CSU-Politikerin. Auch die Grünen-Sozialpolitikerin Irmingard Schewe-Gerigk begrüßte es, dass sich Zypries über die Kommissionsvorgaben hinweggesetzt habe. Damit sei die Ministerin «auf dem richtigen Weg», sagte sie.

Die Grünen-Abgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk erklärte: “Die Entscheidung der Ministerin, sich mit ihrem Entwurf über die Forderungen der Enquêtekommission ‘Ethik und Recht der modernen Medizin’ hinwegzusetzen, halten wir für richtig.”


Die FDP will ebenso wie Zypries keine Beschränkung auf irreversibel zum Tod führende Krankheiten. Auch eine Zwangsberatung zur Gültigkeit von Patientenverfügungen werde abgelehnt, erklärte der FDP-Obmann in der Enquête-Kommission, Michael Kauch.

KAUCH: FDP unterstützt die Richtung des Zypries-Entwurfs zur Patientenverfügung

BERLIN. Zur heutigen Vorstellung des Referentenentwurfs des Bundesjustizministerium zur Patientenverfügung erklärt der Obmann der FDP-Bundestagsfraktion in der Enquête-Kommission ‘Ethik und Recht der Modernen Medizin’ Michael KAUCH: Die FDP unterstützt die Richtung des Referentenentwurfs zur Patientenverfügung, den Bundesjustizministerin Brigitte Zypries heute vorgestellt hat. Er deckt sich in drei zentralen Punkten mit dem Antrag, den die FDP-Bundestagsfraktion im Juni in den Bundestag eingebracht hat.

Wie die FDP sieht die Justizministerin weder eine Beschränkung auf irreversibel zum Tode führende Krankheiten vor noch eine Zwangsberatung zur Gültigkeit der Patientenverfügung. Auch bei der Reduzierung der Fälle, bei denen das Vormundschaftsgericht einem Behandlungsabbruch zustimmen muss, hat Zypries die Unterstützung der FDP. Die Zypries-Pläne bedeuten eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Patienten und heben sich wohltuend von der Mehrheitsmeinung der Enquête-Kommission ‘Ethik und Recht der modernen Medizin’ ab. Dort hatten vor allem Abgeordnete von CDU und Grünen sehr restriktive Bedingungen für die Gültigkeit von Patientenverfügungen durchgesetzt. Die FDP ist gespannt, ob die Bundesjustizministerin in der Koalition eine Mehrheit für ihren Entwurf bekommt.

Allerdings gibt es auch Abweichungen des Zypries-Entwurfs von der FDP-Position. So fordert die FDP die Schriftform für Patientenverfügungen, um in diesem lebensentscheidenden Bereich Unklarheiten und Missbrauchsmöglichkeiten zu vermeiden. Zudem halten wir die Differenzierung zwischen Bevollmächtigtem und Betreuer bei der gerichtlichen Überprüfung von Patientenverfügungen nicht für zwingend. Auch mögliche Grenzen der Zurechenbarkeit einer Patientenverfügung etwa bei Demenz sind in den veröffentlichten Eckpunkten der Justizministerin unzureichend thematisiert. Die FDP wird daher die Formulierungen des Referentenentwurfs genau prüfen und sich konstruktiv in die weiteren Beratungen einbringen.

Knut Steinhäuser, Telefon: 030 227-52388, pressestelle@fdp-bundestag.de


08.11.

Presseerklärung vom 08.11. von Michael Kauch (FDP) “Grüne völlig zerrissen”, in der er Christa Nickels “Volksverdummung” vorwirft, siehe: http://www.liberale.de/portal/index.phtml?page_id=7133&id=3651 «hr> 05.11.

Die Bundesjustizministerin hat heute einen Gesetzentwurf zur Verankerung der Patientenverfügung im Betreuungsrecht vorgestellt, der am 01.01.2006 in Kraft treten soll. Eine gestärkte und in ihrer Reichweite vergrößerte Patientenverfügung stehe nicht im Gegensatz zum ärztlichen Gebot des Lebensschutzes, sagte Zypries heute Morgen im DeutschlandRadio Berlin. Die Patienten sollten die Entscheidungsmöglichkeit haben, eine vom Arzt vorgeschlagene Behandlung anzunehmen oder abzulehnen. Deshalb sollte die Patientenverfügung so konkret wie möglich sein und alle zwei Jahre erneuert werden.

Zypries erklärte, eine Patientenverfügung sei keinesfalls der Einstieg in die aktive Sterbehilfe. Diese bleibe in Deutschland verboten. Es gehe u. a. darum, dass viele Menschen am Ende ihres Lebens ohne Not Schmerzen erleiden müssten Die SPD-Politikerin gab zu, dass der Gesetzentwurf zur Stärkung der Patientenverfügung, der heute der Öffentlichkeit vorgelegt wird, stehe im Widerspruch zur Mehrheitsmeinung der Bioethik-Enquêtekommission des Bundestages liege. Die Kommission wolle eine Willenserklärung des Patienten nur dann gelten lassen, wenn ein Sterbeverlauf irreversibel begonnen habe. Dagegen sei ihr Gesetzentwurf so konzipiert, dass ein Patient zu jedem Zeitpunkt entscheiden dürfe. Zypries wörtlich: “So wie ich immer einem Arzt sagen kann, die Behandlung möchte ich nicht, muss ich auch schriftlich niederlegen können, die Behandlung möchte ich nicht und nicht erst, wenn der Tod quasi eintritt.”

Vollständiger Text siehe unter http://www.bmj.bund.de/media/archive/791.pdf

ERSTE KOMMENTARE: Der Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der Enquête-Kommission “Ethik und Recht der modernen Medizin”, Thomas RACHEL, MdB: ” Der Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin zur Patientenverfügung verzichtet weitgehend auf Vorschriften zum Schutz des Patienten und schafft Missbrauchsgefahren. Weder sieht der Vorschlag eine Begrenzung der Reichweite für Patientenverfügungen vor, noch regelt er zufrieden stellend die Umsetzung von Patientenverfügungen und mutmaßlichem Willen. Besonderer Mangel des Entwurfes ist das Fehlen jeglicher Formvorschriften Der Entwurf übersieht diese Besonderheit von Vorausverfügungen, die eine außerordentliche Vorsicht erfordern. Das wiegt besonders schwer, wenn die Behandlung einer heilbaren Krankheit untersagt wird. Bedenklich ist zudem die Ausweitung des mutmaßlichen Willens. Unbegrenzt soll ohne vormundschaftsgerichtliche Kontrolle ein vermuteter Wille ausreichen, um lebensnotwendige Maßnahmen zu unterlassen.

Die Bundesbeauftragte für Patientenverfügungen des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD), Gita NEUMANN, die für den HVD an den Empfehlungen der BMJ-Arbeitsgruppe “Patientenautonomie am Lebensende” mitgewirkt hat:

“Bei der Regelung der Patientenverfügung geht es nicht um den Schutz vor Missbrauch, sondern vorrangig um den Schutz des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten vor unerwünschter Behandlung oder Nicht-Behandlung. Der Gesetzentwurf ist deshalb grundsätzlich zu begrüßen, räumt er doch mit einem verfassungsrechtlich höchst bedenklichen Verfahren auf: dass ein kontrollierendes Vormundschaftsgericht feststellt, der Patient habe zwar unmissverständlich in seiner Patientenverfügung eine bestimmte Behandlung, z. B. eine schwere Herzoperation, kategorisch abgelehnt, befände sich aber noch nicht im irreversiblen Sterbeprozess. Nach den Mehrheitsvorstellungen der Enquêtekommission des Deutschen Bundestages müsse das Gericht dann eine Zwangsbehandlung anordnen.

Bei der Frage der Formvorschriften handelt es sich um ein Scheinproblem. Jedem Vorsorgewilligen, dem daran gelegen ist, dass seine Patientenverfügung auf Akzeptanz bei den Ärzten stößt, wird deshalb von sich aus Empfehlungen wie die Schriftform und regelmäßige Aktualisierung befolgen. Bauchschmerzen verursacht in der Tat die großzügige Handhabung des mutmaßlichen Willens des Patienten, der in aller Regel auf reiner Spekulation beruhen dürfte. Auch das Problem der “Nicht Zurechenbarkeit” einer früheren Patientenverfügung, welches unlängst von Prof. Merkel (im Sondervotum Kauch u. a. im Rahmen des Berichtes der Enquêtekommission)formuliert worden ist, wird im Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums nicht thematisiert. Dabei geht es um die Abwägung, welches Interesse höher zu bewerten ist: die früher zum Ausdruck gebrachten Wertvorstellung, z. B. im Stadium der Altersdemenz keinerlei lebensverlängernden Maßnahme mehr zuzustimmen oder das spätere Interesse eines nachweislich noch Lebensfreude empfindenden Alzheimer-Patienten. Einfach die Rechtsverbindlichkeit jeder Art von Patientenverfügung zu fordern, ohne Qualitätskriterien zu formulieren, stößt in der Wirklichkeit an Grenzen und hilft uns nicht weiter. Dies gilt zumindest dann, wenn man jede Reichweitenbeschränkung aufgeben will wofür der Humanistische Verband eintritt.

Zu bedauern ist außerdem, dass sich die Bundesjustizministerin nicht zu einer Klarstellung der so genannten passiven und indirekten Sterbehilfe im Strafgesetzbuch durchringen konnte. Erst gestern ergab das Ergebnis einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben: Knapp drei Viertel der Bevölkerung halten eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe für wichtig. So werden wir weiterhin mit dem Widerspruch leben müssen, dass ein Tun oder Unterlassen zivilrechtlich geboten, aber u. U. mit der Angst vor strafrechtlichen Folgen verbunden sein kann. Dies gilt etwa, wenn die Unvermeidbarkeit und Unabsichtlichkeit der lebensverkürzenden Nebenwirkungen nicht hinreichend nachweisbar ist oder wenn die Medikation nicht der Schmerztherapie dient, sondern etwa der Vermeidung anderer qualvoller und unerträglicher Symptome wie der Erstickungsangst. Auch die strafrechtliche Paradoxie der Nicht-Hinderung eines Suizides, wenn der schwerkranke Patient sich nachvollziehbar einem für ihn unerträglichen und entwürdigenden Leiden nicht bis zum Ende aussetzen möchte, bleibt im Entwurf der Bundesjustizministerin unangesprochen.”


Deutsche wollen Regelung zur Sterbehilfe

AFP, 04.11.2004: “Knapp drei Viertel der Deutschen halten eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe für wichtig. Das ergab eine Emnid-Umfrage im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS). Nur 14 Prozent der Befragten halten dieses Thema für “weniger wichtig”, und für acht Prozent spielt es überhaupt keine Rolle. Bei der Frage, wer bei schwerstkranken Menschen über weitere lebensverlängernde Maßnahmen entscheiden soll, sehen die meisten das letzte Wort beim Patienten. 65 Prozent wollen die Entscheidung über Tod oder Leben laut Umfrage nicht dem Arzt, sondern dem Patienten überlassen. Lediglich acht Prozent wollen das Votum des Arztes laut Umfrage endgültig akzeptieren, vier Prozent würden in einem solchen Konfliktfall ein Gericht einschalten. Das Meinungsforschungsinstitut Emnid befragte im Oktober 1001 Menschen ab 14 Jahren. “(Quelle: YAHOO! Nachrichten online vom 04.11.2004)


Der Referentenentwurf eines 3. Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts Stand: 01.11.2004 zum Thema Verbindlichkeit von Patientenverfügungen steht zum Download zur Verfügung unter

http://www.betreuungsrecht.org/pafiledb3/pafiledb.php?action=file&id =264