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Ohne Patientenwille zum schnellen Sterben: Strafbare ärztliche Tötung

10. Nov 2008

Quelle: Ärztliche Praxis vom 21.06.2004 (von Diana Niederhöfer)

Im Zweifel für den Patienten-Schutz und das Ansehen der Ärzteschaft Verdacht auf Sterbehilfe: Approbation weg!

Nicht jede staatsanwaltliche Ermittlung führt zum Ruhen der Approbation. Wird einem Arzt jedoch gravierendes Fehlverhalten bei der Berufsausübung vorgeworfen und ist eine Verurteilung wahrscheinlich, kann die Ärztekammer die Approbation vorübergehend entziehen.

21.06.2004 Das zeigt der Fall einer niedergelassenen Internistin aus Hannover, die auch als Belegärztin in einem Krankenhaus tätig war. Gegen sie wird wegen illegaler Sterbehilfe ermittelt. Die Medizinerin soll mindestens fünf Patienten mit derart hohen Morphium- und Valium-Dosierungen behandelt haben, dass diese an Opiat-Intoxikationen, nicht an ihren Erkrankungen verstarben.

Die Schwelle zur indirekten und damit nicht strafbaren Sterbehilfe (siehe ÄP-HINTERGRUND) hatte sie ausweislich mehrerer fachärztlicher Gutachten dabei überschritten. Zwar waren die Patienten teils schwer krank. Bei keinem stand der Tod jedoch unmittelbar bevor, wie die Ärztin wohl irrtümlich angenommen hatte.

Aus Mitleid verschwieg die Ärztin den Patienten ihre Diagnosen

Die Internistin gab selbst zu, aus Mitleid keinen der Kranken über seinen vermeintlichen Zustand aufgeklärt zu haben. Patientenverfügungen lagen nicht vor der Wille, ohne weitere Therapieversuche schnellstmöglich sterben zu wollen, war laut Urteil auch in den Krankenunterlagen nicht dokumentiert.

So wurde beispielsweise ein 52-jähriger Patient in die 30-Betten-Abteilung der Ärztin eingeliefert, der an einem Speiseröhren-Karzinom mit Metastasierungen litt. Obwohl er nur ab und zu Stiche hinter dem Brustbein verspürte, gab die Internistin ihm Valium und Morphium in hohen Dosen, um dem Patienten “ein menschenwürdiges Sterben zu ermöglichen”. Dafür gab es den Gutachtern zufolge keinen Grund: Das Karzinom habe zwar als unheilbar gelten müssen, aber der Patient hätte noch Monate schmerzfrei leben können.

Doch der Ärztin unterliefen auch schwere Diagnose- und Therapiefehler, die bei einer Patientin überhaupt erst zum Tode führten. Statt das lebensbedrohliche Prä-Lungenödem zu erkennen und zu behandeln, gab die Internistin der Kranken Morphium bis zu deren Atemstillstand. Die Sachverständigen stellten fest, dass die Frau hätte gerettet werden können. Erst das Fehlverhalten der Medizinerin tötete die Patientin. Die Internistin argumentierte erfolglos, ihre Medikation sei “gute ärztliche Sterbebegleitung” gewesen, da die Frau durch ihr Verhalten gezeigt habe, keine Therapie zu wollen.

Auf Anzeigen von Krankenkassen hin leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und Totschlag ein. Die Ärztekammer ordnete daraufhin das Ruhen der Approbation an. Dagegen wehrte sich die Internistin vor dem Verwaltungsgericht Hannover erfolglos.

Sämtliche Umstände ließen den Schluss zu, dass der Ärztin auch künftig vermeidbare Fehler mit schwersten Folgen für die Patientin unterlaufen könnten, befand das Gericht. Sie habe sich durch ihre Desinformation der Patienten unberechtigt zur “Herrin über Leben und Tod” aufgeschwungen und damit auch das Ansehen Ärzteschaft geschädigt. Außerdem sei mit hoher Wahrscheinlichkeit mit ihrer Verurteilung zu rechnen, sodass die Entscheidung der Behörde insgesamt richtig gewesen sei (Az.: 5 B 2942/03).

ÄP-HINTERGRUND

Wann Sterbehilfe legal ist

Ist die Lebensverkürzung unbeabsichtigte Nebenfolge der medikamentösen Schmerzlinderung, sprechen Juristen von “indirekter Sterbehilfe”. Der therapierende Arzt bleibt dabei straffrei, da für den Patienten ein Tod in Würde und ohne Schmerzen für wichtiger angesehen wird als die Möglichkeit, unter starken Schmerzen vielleicht ein paar Tage länger leben zu können. Es muss jedoch ein ausdrücklicher Wille des Patienten vorliegen oder wenigstens ermittelbar sein. Ist dies nicht möglich, hat das Leben Vorrang vor persönlichen Überlegungen von Ärzten und Angehörigen.