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Organspende – Analyse einer tiefen Glaubwürdigkeitskrise

8. Nov 2012

Organspende, Medizin und Ethik

 

– Analyse einer tiefen Glaubwürdigkeitskrise
und der überfälligen Lehren, die aus dieser zu ziehen sind –

 

Aktueller Hintergrund

Am 1. November 2012 trat in der Bundesrepublik Deutschland ein überarbeitetes Transplantationsgesetz in Kraft. Vor allem die Krankenversicherungsträger sollen zukünftig ihre Versicherungsnehmer und die Öffentlichkeit regelmäßig über die Möglichkeit der Organspende informieren. Hierdurch soll die allgemeine Bereitschaft  zur Organspende erhöht werden. Zugleich sind allerdings die Praktiken der Transplantationsmedizin Gegenstand einer ganzen Reihe von Skandalen. Damit steht diese einerseits im Fokus eines zunehmend kritischen Interesses. Andererseits besteht noch immer eine ebenso auffällige wie eigentümliche Tendenz, eine umfassende und differenzierte Bestandsaufnahme über die derzeitigen Grundlagen der Organspende und das Ausmaß ihrer tatsächlichen Problematik zu vermeiden.        
Diese – nach Einschätzung des Autors[1] – oft mit medizinischen oder ethischen Scheinargumenten bemäntelte Realitätsverweigerung erweist sich zunehmend als kontraproduktiv: Nicht nur die Glaubwürdigkeit der Organspende und der Medizin insgesamt haben in jüngster Zeit erheblich gelitten, sondern auch die große Teile der Medizin- und Bioethik. Damit scheint geboten, durchaus auch eine grundsätzliche Neuausrichtung der Diskussionen und Entwicklungen Betracht zu ziehen.

Vor diesem Hintergrund erlaubt sich der Autor, nicht zuletzt aufgrund vielfach an ihn herangetragener Wünsche, hiermit eine Übersicht über einige wichtige Aspekte der Organspende vorzulegen.[2] Diese wurden in den vergangenen Jahren nicht hinreichend beachtet. Dies Versäumnis behindert nun die Wiederherstellung der zutiefst erschütterten Glaubwürdigkeit der Transplantationsmedizin und ihrer benachbarten Disziplinen.

Empirische Bestandsaufnahme

Die breite Mehrheit unserer Bevölkerung steht der Organspende und der Transplantationsmedizin im Grundsatz durchaus positiv gegenüber. Eine noch immer sehr deutliche Mehrheit möchte sich dafür aber selbst nicht zur Verfügung stellen. Dieses Ergebnis ist inzwischen seit Jahrzehnten stabil, auch nach vielfachen Informationskampagnen. Auch im internationalen Vergleich ist dieses Phänomen stabil. Wir haben es empirisch also mit einer robusten sowie meist offensichtlich auch durchaus informierten und erwogenen Entscheidung der breiten Mehrheit unserer Mitbürger zu tun. Trotzdem wird in der Diskussion, der Berichterstattung (und nun auch in der Gesetzgebung) praktisch immer impliziert, die Öffentlichkeit sei nicht oder nicht ausreichend informiert, sonst würde sie doch zustimmen.      
Oder etwa nicht ?           
Schon der an sich unschuldige empirische Befund, dass die Mehrheit der Deutschen wie auch internationalen Öffentlichkeit auch Vorbehalte gegen etwas so offensichtlich wohlmeinendes wie Organspende haben könnte, wird kaum je ernsthaft thematisiert, geschweige denn differenziert und offen diskutiert.

Was sind die Ursachen für die Vorbehalte? Aus empirisch-wissenschaftlicher Sicht ist die einzige Antwort, die wir derzeit darauf geben können, dass wir es eigentlich nicht sicher wissen. Das ist ein verblüffender Befund: Es gibt nämlich jede Menge Studien, die die Untersuchung dieser Frage eigentlich zum Ziel haben. Das Problem mit diesen: Sie fragen offenkundig vorsichtshalber meist nicht genau nach. Methodisch ist häufig nämlich ganz offensichtlich, dass man in diesen Untersuchungen unangenehme Ergebnisse unbedingt vermeiden möchte. Tatsächlich wurden und werden diese Studien fast ausnahmslos von einer Transplantationslobby in Auftrag gegeben und finanziert. Was deren Intention nämlich der maximalen Bereitstellung von potentiellen Spenderorganen – nicht dienlich ist, oder sich nicht so leicht wegerklären lässt wie angebliche Informations-Defizite oder andere Spekulationen, wird fast nie empirisch untersucht oder differenziert thematisiert.

Auch die medizinischen Angaben über Chancen, Risiken, Nebenwirkungen, Belastungen, Prognosen etc. der Organspende und der Transplantationsmedizin, mit denen in der Öffentlichkeit geworben wird, sind i.A. schönfärberisch und potenziell fehlleitend.

Moralphilosophisch-ethische Grundlagen

Was könnten die tieferen Gründe für die offensichtlichen Vorbehalte gegen die Organspende sein ?            
Wenn man das einschlägige Schrifttum studiert bemerkt man sehr schnell, dass auch an der theoretischen Diskussion dieser Frage verbreitet nur geringes Interesse besteht. Stattdessen wird häufig eher eine Nebelwand aufgezogen, bevorzugt mit angeblich medizinethischen Schein-Argumenten. Schaltet man den medizin-ethischen Nebelwerfer aus, treten einige der wissenschaftlichen Grundlagen der Organspende aus moralphilosophisch-ethischer Sicht wieder klar ins Licht. Diese sind nach Einschätzung des Autors für die derzeitige Diskussion und die Überwindung der aktuellen Glaubwürdigkeitskrise der Medizin und der Ethik in Sachen Organspende von entscheidender Bedeutung:

Beispielsweise ist es völlig unstrittig, das seine Organentnahme einen massiven Eingriff in unveräußerliche Persönlichkeitsrechte des potentiellen Spenders darstellt: z.B. in das Recht auf körperliche Unversehrtheit, in seine Persönlichkeit und v.a. auch in das Recht auf Leben.

Stichwort  Leben und Tod, Definitionen und das sog. Hirntodkonzept: Es ist auch unstrittig, dass ein Patient, der einen sog. Hirntod erlitten hat, stirbt – egal was wir mit ihm machen. Ebenso unstrittig ist jedoch, dass eine Organentnahme (Explantation) bei einem Hirntoten auch als gezielte Tötung eines Sterbenden aufgefasst werden kann. Jedenfalls ist auch diese These weder aus medizinisch-naturwissenschaftlicher Sicht widerlegbar, noch aus geisteswissenschaftlicher Sicht. Wenn dem so ist, oder wir zumindest nicht sicher sind, wo genau wir stehen, welche Grundannahmen gelten dann ? Die Dogmatiken des Rechts, der Theologie und der allgemeinen Moralphilosophie lehren übereinstimmend und seit Jahrhunderten: In dubio pro vita Im Zweifel für das Leben ! Was heißt das für die Ethik, als praktische Philosophie ? Eine Organentnahme bei einem Hirntoten mag u.U. utilitaristisch begründbar sein (die Befürworter sprechen hier naturgemäß – viel lieber von altruistisch). Damit ist sie auch bis zu einem gewissen Gerade rechtfertigbar: Der Besitzer der Organe stirbt ja sowieso, und wir können seine Organe brauchen, um jemandem anderen zu helfen. Ethisch unproblematisch ist diese Handlung damit aber natürlich durchaus nicht, kann sie nie sein, denn sie ist und bleibt zugleich auch eine potenzielle Tötung und ein Eingriff in die Rechte und in die Persönlichkeit des Sterbenden. Eigentlich ganz offensichtlich und unstrittig. Man scheint das nur in der Öffentlichkeit nach wie vor nicht laut sagen zu dürfen, geschweige denn, dies zu publizieren und zu diskutieren.  

Aus interdisziplinär-wissenschaftlicher Sicht dienen also das sog. Hirntodkonzept und die diversen Relativierungen des Persönlichkeitsbegriffs im Zusammenhang mit der Organspende v.a. zwei Hauptzielen: Der Verschleierung eines problematischen Tatbestandes Zwecks Bereitstellung möglichst vieler und lebensfrischer Spenderorgane. Nebenbei beruhigt man damit sein eigenes Gewissen und betreibt eine einseitige, wissenschaftlich fragwürdige Desinformation einer skeptischen Öffentlichkeit: Als ob ein zweifellos wohlmeinender, aber ethisch problematischer Tatbestand dadurch unproblematischer würde, dass man ihn sich schöndefiniert.

In dubio pro vita ist, wie gesagt, seit Jahrhunderten eine zentrale Grundannahme des Rechts, der Theologie und der allgemeinen Moralphilosophie. Sie hat allerdings keine absolute Gültigkeit. Andere Prinzipien können sie relativieren (z.B. Selbstbestimmung, Gerechtigkeit, Schadensvermeidung etc.). Im Falle der Organspende ist man inzwischen allerdings einen ganzen Schritt weiter gegangen. Zum ersten male in der Kulturgeschichte der Menschheit hat man das in dubio pro vita nicht nur relativiert, sondern faktisch in sein Gegenteil verkehrt: Man postuliert ein in dubio pro morte – und versucht sogar dieses gesetzlich zu normieren. Dies tut man allerdings auf einer natur- wie geisteswissenschaftlich bestenfalls fragwürdigen Grundlage. Ziel ist zudem ausschließlich, alle oft durchaus gewichtigen – Gegenargumente aus dem Wege zu räumen, die zu Lasten des ehrenwerten Anliegens Organspende gehen könnten. Diese werden als ethisch oder medizinisch-naturwissenschaftlich defizitär verunglimpft, was sie – wie ausgeführt – objektiv gar nicht sind. Um es also ganz klar zu sagen: Es ist argumentativ problemlos begründbar und damit sowohl unter ethischen, als auch unter medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten absolut in Ordnung, auch gegen die Organspende und die Transplantationsmedizin erhebliche Vorbehalte haben zu können – oder diese gar abzulehnen !

Was bedeutet das dann weiter für die Praxis ? Es bedeutet zunächst, dass es im Grundsatz die Organentnahme ist, die zwingend einer ausdrücklichen Rechtfertigungsbedürftigkeit zu unterwerfen ist und nicht die Annahme, dass (erlöschendes) Leben und körperliche Integrität selbstverständlich respektiert werden, zumindest wenn nichts anderes ausdrücklich vom Betroffen selbst verfügt. Auch hier wird versucht – wie allgemein bekannt – sich Ethik beliebig zurecht zu biegen: Man postuliert und propagiert angeblich ethisch höherwertige Widerspruchslösungen oft mit dem unverhohlenen Ziel, potentiell widerspenstigen Spendern oder deren Angehörigen auf den Leib zu rücken und diese zumindest unter Druck zu setzen, oder gar zu erpressen. Qualifiziert sich das als ethisch ?

Aus dem genannten folgt zugleich zwingend, dass es keinen ethisch, rechtlich oder medizinisch begründbaren Anspruch auf eine Organ-Spende geben kann. Solange die Möglichkeit, Schwerkranken mit Transplantationen zu helfen unvermeidbar mit einer objektiven Schädigung oder gar Tötung anderer Menschen verbunden ist, kann sie kein Standardverfahren sein. Sie ist damit ein remedium extraordinarium eine außergewöhnliche und meist durchaus risikoreiche Chance. Diese können wir, zumindest in einer pluralistischen Gesellschaft wie der unseren, damit letztlich nur durch eine wirkliche, freiwillige Spende ermöglichen. Patienten sterben nicht an angeblichem Organmangel oder unzureichender Spendefreudigkeit. Sie sterben an todbringen Erkrankungen. Transplantationen heilen i.A. auch nicht. Sie können u.U. eine Lebensverlängerung ermöglichen. So verständlich und unterstützungswert dieses Anliegen auch ist es ist ganz fraglos nicht das einzig maßgebliche Argument, dem man alle anderen Argumente einfach so und ohne weiteres unterordnen kann – weil man es doch gar so gut meint.

Immer wieder und seit langem wird schließlich gefordert, die Öffentlichkeit noch mehr als bisher über Organspende aufzuklären. Jetzt gibt es also in Deutschland dafür sogar eine gesetzliche verankerte Aufklärungspflicht öffentlicher Körperschaften. Was aber sind die Grundlagen für Aufklärung und Einwilligung ?
Die Informationen dürfen nicht einseitig sein und selektiv, sondern sie müssen richtig sein und umfassend. Sonst ist die Aufklärung und Einwilligung fehlerhaft, sittenwidrig, illegal und nichtig. Die propagierte Aufklärung müßte also zwingend die Pro- und Contra-Positionen erläutern, sowie die Chancen und die Risiken. Diese ganz grundlegenden Kriterien von Aufklärung und Einwilligung werden in unserer Gesellschaft in allen anderen Bereichen mit der größten Selbstverständlichkeit erwartet und – notfalls – rechtlich durchgesetzt. Wieder aber trifft man hier auf eine eigentümliche Ausnahmeerscheinung bei der Organspende: Unverändert gibt es offenbar weit und breit kein einziges offizielles Flugblatt oder gar eine umfassendere Informationsbroschüre, die diesen (nochmals: überall sonst absolut selbstverständlichen) Kriterien auch nur ansatzweise Genüge leisten würde.

Schlussfolgerungen

Was sind die wahrscheinlich wohl unvermeidbaren Folgen von alle dem ? Wir sehen sie in Deutschland im Moment deutlicher, als uns allen lieb sein kann:

Die wissenschaftliche Legitimation und Begründung der Organspende erfolgt überwiegend auf Grundlage eines fundamentalen Kulturbruchs (in dubio pro morte). Daraus werden für sie Sonderregeln abgeleitet: Extrawürste, die nur für die Organspende und Transplantationsmedizin gelten. In anderen Bereichen werden diese in unserer Gesellschaft i.A. weder akzeptiert, noch angewandt.

Noch immer und trotz allem aber genießen die Organspende und die Transplantationsmedizin verbreitet eine angeblich ethisch begründete Card Blanche: Das ist ja alles so gut und wohlmeinend, da kann doch eigentlich keiner wirklich ernsthaft dagegen sein und prompt schaut dann auch bitteschön – möglichst keiner genauer hin, was sich dort eigentlich tut. Die fast unvermeidbare Folge dieser pseudo-ethisch bemäntelten political correctness: Weit verbreiteter Missbrauch, wahrscheinlich bis hin zu krimineller Aktivität. Aber noch immer wird so getan, als wären die skandalösen Vorgänge und die Motive dahinter i.A. ethisch hochwertig. Da darf es wohl wirklich nicht überraschen, dass die empirisch schon zuvor nicht besonders gute Akzeptanz weiter abnimmt.

Auch der hektische (berufs)politische Aktionismus der vergangenen Monate scheint bisher eher darauf ausgerichtet zu sein Schaden zu begrenzen. Man bemüht sich, die Öffentlichkeit zu beschwichtigen und die Lage zu beruhigen um dann auf denselben, unveränderten und fragwürdigen Grundlagen faktisch weiter machen zu können wie bisher. Wirklich substanzielle Lehren werden aus den Vorgängen bisher nicht gezogen. Es ist zu bezweifeln, ob auf dieser Grundlage die verständlicherweise tief erschütterte Glaubwürdigkeit wiederherzustellen sein wird.

Zugleich drängt sich die Frage auf: Was ist eigentlich los mit unserer (Transplantations)Medizin ? Was ist auch los mit großen Teilen unserer Ethik in der Medizin ?

Unverändert und in großem Umfange werden die oft schwierigen Realitäten offenbar verschleiert oder gar bewusst verfälscht. Hilft uns das wirklich ?

Auch die Etablierung möglicher, wirklich effektiver Kontrollmechanismen wird bewusst unterlaufen. Dies gilt insbesondere bzgl. einer von den transplantationsmedizinischen Strukturen hinreichend unabhängigen Aufsicht sowie  hinsichtlich des Faktums, dass die für potenzielle Patienten, Spender und Angehörige verfügbar gemachten Informationen unverändert einseitig, tendenziös und damit irreführend sind. Ein wenig überspitzt formuliert: So lange die bereitgestellten und verbreiteten Informationen wie bisher – ausschließlich vollkommen unkritische und einseitige Jubel-Stories sind, stellt die aktuelle Gesetzesänderung aus wissenschaftlicher Sicht nichts anderes dar, als ein staatlich sanktionierter Auftrag zur gezielten Des-Information der Öffentlichkeit.   
Ist das – wirklich und ernsthaft – ethisch ? Ist das auch  legal ?

Kritikwürdig sind schließlich auch die derzeit verbreitet geschürten Spekulationen, die v.a. die zunehmende Verbreitung der Patientenverfügung für die abnehmende Bereitschaft zur Organspende verantwortlich machen. Bei genauer Betrachtung sind diese Behauptungen bisher empirisch unbelegt. Aus medizinischer Sicht sind sie zudem für die breite Mehrheit der theoretisch infrage kommenden Patientenkollektive auch nicht plausibel. Damit drängt sich auch hier der Eindruck auf, dass es sich bei dieser Diskussion eher um ein Ablenkungsmanöver von den tatsächlichen Problemen und Realitäten handelt.

Fazit

Da derzeit offenkundig unsere etablierten Strukturen der Medizin und Ethik in der Frage der Organspende überwiegend versagen, ist jeder Einzelne in unserer Gesellschaft potenziell gefordert, einen individuellen Beitrag zu leisten. Aus den bedauerlichen Fehlentwicklungen der vergangenen Jahrzehnte müssen konkrete Lehren gezogen werden, um verloren gegangene Glaubwürdigkeit wieder zu erlangen. Dies kann nach Einschätzung des Autors nur gelingen, wenn sich unsere Gesellschaft mehrheitlich zu einer differenzierten Ethik der Verantwortung und bejahenden Verantwortungsbereitschaft durchringt.  Nicht fragwürdige political correctness ist gefordert, sondern die Bereitschaft, sich auch schwierigen und komplexen Realitäten zu stellen. Der bestehende Pluralismus in Bezug auf die Bewertung der hier maßgeblichen Fragen ist zu bekennen, zu bejahen und wenn und wo nötig auch zu verteidigen. Die Mehrheit unsere Gesellschaft insgesamt steht der Organspende durchaus wohlwollend, aber eben kritisch-differenziert gegenüber. Nach den Erfahrungen des Autors trauen sich die meisten Menschen bisher einfach nur nicht, die angebliche politische Inkorrektheit zu begehen, Ihre Vorbehalte auch öffentlich zu benennen und zu begründen. Aus wissenschaftlicher-objektiver Sicht hätten sie dabei aber eigentlich keinerlei Argumentationsnotstand zu befürchten. Insgesamt stehen damit die Chancen durchaus gut, dass vor dem Hintergrund der aktuellen Fehlentwicklungen und Skandale eine Neuausrichtung der Organspende-Debatte in Sinne einer solchen gleichermaßen realitätsbezogenen und pluralistischen Ethik der Verantwortung erreicht werden kann. Der Autor ist zuversichtlich, dass die hier zusammengestellte Auswahl von Argumenten einen wichtigen Beitrag leisten kann, hierbei zielführend zu helfen.

 



[1] PD Dr. med. Meinolfus Wulf M. Strätling ist Facharzt für Anästhesiologie und klinischer Medizinethiker. Ärztlich ist er tätig am Universitätsklinikum von Wales in Cardiff, Großbritannien. Zugleich ist er Dozent für Anästhesiologie sowie für die Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an den Universitäten von Lübeck und Cardiff.  Kontakt: wulf.stratling@wales.nhs.uk.

[2]Gekürzte Ausführungen aus einem vom Autor am 11. Oktober 2012 in der Berliner Urania gehaltenen Vortrags.