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Qualvolles Sterben (Nicht-Sterben-Können) durch implantierten Defibrillator?

10. Nov 2008

Ein heikles Thema mit Handlungsbedarf: Seit langem wird der Bundeszentrale für Patientenverfügung in Berlin von Hinterbliebenen berichtet, ihre Angehörigen (meist Ehemänner) hätten nur sehr schwer sterben können weil sie einen Herzschrittmacher hatten und Ärzte sich weigern würden, diesen abzustellen (zu "deaktivieren"). Der Tod sei deshalb eine Qual gewesen. Befragt man hingegen ärztliche Experten, so wird dies unisono abgestritten: Da sei nichts Wahres dran, wenn das Herz nicht mehr schlagen würde, können auch der Herzschrittmacher nichts mehr bewirken das wäre so, erklären Mediziner, wie man auch ein Auto mit defektem Motor durch Gasgeben oder sonstige Aktionen nicht mehr in Bewegung setzen könne. Ob hier auch die Angst der Ärzte vor Hilfe zum Sterben eine Rolle spielt, bleibt im Dunkel. Mehr Aufklärung fordert nun auch eine medizinische Fachzeitschrift anhand von amerikanischen Studien zu dem Thema.

Zwar muss ein Herzschrittmacher deutlich von einem implantierten Defibrillator unterschieden werden (s. u.). Dennoch halten wir den folgenden Beitrag der Wiener Ärztewoche für höchst geeignet, eine notwendige Debatte in Gang zu setzen:

Quelle Ärzte Woche, 19. Jg. Nr. 6, 2005, Wien (infoline kardiologie:

Qualvolles Sterben mit implantiertem Defibrillator

Ein heikles Thema besonders für Hausärzte mit schwerstkranken Patienten

Implantierbare Defibrillatoren (ICD) sind für die meisten Patienten eine ­segensreiche Einrichtung. Moribunden Menschen können sie jedoch einen ­natürlichen Sterbeprozess verwehren.

ICDs verhindern den plötzlichen Herztod durch Arrhythmien bei Patienten, die noch ein lebenswertes Leben vor sich haben. Dementsprechend werden sie nur bei Patienten implantiert, deren Lebenserwartung über einem Jahr liegt. Sie können aber auch den Tod verhindern und das Sterben qualvoller machen. Das betrifft Patienten mit schweren Erkrankungen, für die der schnelle Tod infolge einer Herzrhythmusstörung die bessere Option ist als der unabwendbare Tod nach langsamem Sterben. Der Segen der Technik kann sich also in einen Fluch verwandeln. Dies zeigt auch eine Studie aus den USA. Die Autoren haben die nächsten Angehörigen (überwiegend Ehefrauen) von 100 Patienten befragt, die mit einem Defibrillator gestorben sind. Nur in 27 Fällen haben Ärzte, oft nur Stunden oder Minuten vor dem Tod, mit dem Patienten oder seinen Angehörigen über die Möglichkeit einer Deaktivierung des Defibrillators gesprochen und diese Option dann in 21 Fällen gewählt. Elektroschocks haben 27 Patienten in den letzten Monaten, darunter sechs noch kurz vor ihrem Tod, erhalten. Zwei Angehörige berichten über Aktivierungen bei Moribunden zwölf Mal in einer Nacht beziehungsweise etwa alle 20 Minuten mit entsprechenden Körperzuckungen und Aufschrecken aus dem Dämmerschlaf.

Heikles Thema mit Handlungsbedarf

Die Studie zeigt auf, dass hier ein ganz offensichtliches Problem noch unbewältigt ist und dringender Handlungsbedarf besteht. Eine offene Auseinandersetzung mit dem Thema sowie eine Erstellung von Leitlinien haben noch nicht stattgefunden. Auch Prof. Dr. Herwig Schmidinger, Abteilung für Kardiologie (mit 500 lebenden ICD-Trägern wahrscheinlich die größte Ambulanz Wiens), Universitätsklinik für Innere Medizin II, AKH Wien, bestätigt, dass es sich hier um "ein sehr heikles Thema" nämlich letztendlich um eine Frage der aktiven Sterbehilfe handle. Bei schwerkranken Patienten, deren Tod kurz bevorstehe, werde im Krankenhaus nach dem Prinzip "Do not rescucitate" (kurz DNR) gehandelt. In der Praxis oder beim Hausbesuch müsse der Arzt eben "ärztlich" handeln und individuell entscheiden, wie er Patient und Angehörige informiert und wann er den Defibrillator deaktiviert. Allerdings habe nicht jeder Arzt immer einen Magnet parat.

Seltene Zwischenfälle

Eine dementsprechende Aufklärung des Patienten beziehungsweise die Einholung des Patientenwillens bei Implantierung eines Defibrillators lehnt Schmidinger ab: "Warum soll man bei einem lebensrettenden Eingriff vom Tod reden?" Grundsätzlich jedenfalls seien Probleme mit ICDs eine Seltenheit. Allerdings, so schränkt Schmidinger ein: "Auch ich kenne den Fall eines 80-jährigen Patienten, der aufgrund einer bestimmten EKG-Konstellation 60 Mal pro Stunde defibrilliert wurde und sich das Gerät am liebsten aus dem Leib gerissen hätte." Fazit: Vielleicht wäre eine entsprechende Aufklärung abseits aller Panikmache für den Not- oder Ablebensfall doch nicht ganz abwegig."

Weitere Beiträge zum Thema:

Infoline Kardilogie Was und für wen sinnvoll ist ein eingepflanzter Defibrillator? herz.qualimedic


Patienten beschäftigen sich durchaus mit der Frage, ob sie mit einem Defibrillator in Ruhe sterben können.

Auch wenn es nur in Einzelfällen zu unerwünschten elektrischen Impulsen im Sterben kommt, sollte in der schriftlichen Patienteninformation darauf aufmerksam gemacht werden.

Bei Medikamenten wird der Patient über so viele Möglichkeiten, wie man mehr oder minder großen Schaden erleiden kann, aufgeklärt, dass es mich eigentlich wundert, wenn es in dem Bereich der Bioelektronik keine Vorschriften für die Aufklärung über unerwünschte Wirkungen geben sollte.

(von Newsletter-Patientenverfügung-Abonnentin Frau B. B.)