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Skandalös und frustrierend: Aus für beispielhaftes Palliativmedizin-Projekt

10. Nov 2008

Finanzierung des mehrfach ausgezeichneten Göttinger Projekts Support endet zum Jahresende Derzeit werden noch 59 Patienten betreut.
Quelle: Ärztezeitung Online vom 22.10.2003 (leicht gekürzt)

GÖTTINGEN (pid). Das vielfach preisgekrönte Projekt Support zur ambulanten Versorgung todkranker Krebspatienten in Südniedersachsen steht endgültig vor dem finanziellen Aus. Man könne schon heute keine neuen Patienten mehr aufnehmen, sagte Support-Leiter Professor Dietrich Kettler vom Uniklinikum Göttingen. Zu Ende geht damit ein beispielhafter neuer Weg zur Versorgung von Tumorpatienten, der bundesweit große Beachtung und Anerkennung gefunden hat. Alle Versuche, die Kassen für eine dauerhafte Finanzierung zu gewinnen, schlugen fehl. Seit dem Beginn des Projekts haben die Support-Mitarbeiter über 800 Patienten zumeist in häuslicher Umgebung betreut.’ Diese Patienten haben in Würde sterben können’, sagt Kettler. Ziel von Support ist es, schwer kranken Tumorpatienten eine optimale ambulante Versorgung vor allem im Bereich der Schmerztherapie und -linderung zukommen zu lassen. Mobile Teams mit speziell ausgebildeten Ärzten und Pflegern betreuen dabei in Zusammenarbeit mit den Hausärzten die Patienten in ihrer häuslichen Umgebung.
Christian Beneker (Ärztezeitung) kommentiert: Das Bundesgesundheitsministerium, die Ärztekammer Niedersachsen, Promis und Privatleute, die Landesregierung, die Klosterkammer sie alle haben sich finanziell oder ideell für diese ambulante, palliativmedizinische Betreuung von todkranken Krebspatienten eingesetzt. Dabei ist keine dieser Gruppen dafür zuständig, palliativmedizinische Leistungen zu finanzieren. Im Gegensatz zu den Kassen. Doch sie, die das Projekt aus guten Gründen hätten nachhaltig retten können, ziehen sich zurück. In Niedersachsen scheitert ein würdevolles Sterben von hunderten schwer leidender Patienten an einem lösbaren Verwaltungsproblem. Ein Skandal.

Support-Initiator Kettler ist über das bevorstehende Ende dieses Versorgungsangebots zutiefst frustriert.’ Es will keiner dafür bezahlen.’ Inzwischen gebe es zwar eine breite Diskussion darüber, dass die palliativmedizinische Versorgung in Deutschland völlig unzureichend sei und gefördert werden muss. Dies seien aber offenbar nur Sonntagsreden und stereotypische Floskeln.

Auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hatte sich Anfang Oktober in BILD AM SONNTAG mit Hinweis auf den Ausbau von palliativer und hospizlicher Versorgung strikt gegen eine Legalisierung aktiver Sterbehilfe ausgesprochen.’ Die aktive Sterbehilfe ist nach deutschem Recht strafbar und daran soll sich auch nichts ändern’, schrieb Zypries in einem Gastbeitrag. Stattdessen sollte sich die Diskussion auf ‘Sterbebegleitung und effektive Schmerztherapie’ konzentrieren. Die Politik müsse daher die Gründung von Sterbehospizen fördern, forderte die Ministerin. Gleichzeitig kündigte Zypries an, eine Rechtsgrundlage für Patientenverfügungen zu schaffen, so dass jeder für sich selbst entscheiden ‘ob für ihn im Notfall lebensverlängernde Maßnahmen eingeleitet werden sollen oder nicht’, schrieb die Ministerin.

‘Gerade um Selbstbestimmung und Wahlmöglichkeiten des Patienten zu gewährleisten, brauchen wir unbedingt die Palliativmedizin als Standard für die allgemeine Gesundheitsversorgung nicht nur in der Krebsmedizin’, so Gita Neumann vom Humanistischen Verband. Es bringe in der Praxis nämlich nichts, wenn ein Schwerkranker oder Höchstbetagter verfügt, er möchte in vertrauter Umgebung bleiben und dort dann keine palliativmedizinsch geschulten Ärzte für die Betreuung zur Verfügung stünden. Als ideologische Keule gegen die (indirekte) aktive Sterbehilfe eigne sich die Palliativmedizin allerdings nicht, sondern schlage auf diese zurück. Dies zeige der Fall der angeklagten Krebs- und Schmerztherapeutin Dr. Mechthild Bach, ebenfalls in Niedersachsen.’ Wir sollten uns angewöhnen präzise zu formulieren, dass die Tötung auf Verlangen und nicht Sterbehilfe’ in Deutschland strafbar ist’, so Neumann.
Könnten Versicherte und Bürger wirklich als Kunden der Krankenkassen auftreten, würden sie mehrheitlich Leistungen zur Begleitung und zur Hilfe beim Sterben wählen. Die Kassen sollten auch durch Marktmechanismen gezwungen werden, Geld in die ambulante Arbeit nach dem Support-Modell umzuleiten, was dadurch in der intensivmedizinischen und stationären Versorgung am Lebensende eingespart wird. Denn Appelle an Vernunft und Ethik allein würden offenbar nicht mehr weiterhelfen.