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Theologie: Mit fundierter Ethik gegen kirchlichen Machtanspruch

9. Jan 2009

Theologieprofessoren H. Küng (katholisch) und E. W. Graf (protestantisch) kritisieren Rückwärtsgewandtheit  beider Amtskirchen

20.02.2009

Einen Beitrag zur Sterbehilfe-Diskussion, in der es doch in erster Linie um die Menschenwürde alter, kranker, pflegebedürftiger und sterbebereiter Menschen geht, hat der katholische Theologe Hans Küng in der FAZ geschrieben. Darin richtet er mehrfache Appelle:

… Wie kann der Mensch auch im Sterben seine Würde bewahren? Viele Facetten dieser Frage wären hier zu beleuchten. Doch spitzt sie sich in der heutigen Situation unausweichlich zu auf die Problematik der Hilfe zum Sterben. Dass das Leben eine Gabe des Schöpfer-Gottes ist, stellt für gläubige Menschen wie mich eine Selbstverständlichkeit dar. Dass das Leben aber zugleich eine gottgegebene Aufgabe des Menschen ist, die er möglichst bis zur letzten Phase seines Lebens selbstverantwortlich wahrzunehmen hat, sollten heute gerade gläubige Menschen ebenfalls nicht bestreiten. …

Ein Appell zuerst an die Juristen:
Sie mögen ihre lobenswerten Bemühungen um mehr Patientenautonomie fortsetzen und sich verstärkt für gesetzliche Regelungen im Zivil- wie im Strafrecht einsetzen. Patientenverfügungen sollten von allen Instanzen unbedingt respektiert werden. Dann sollte für die Sterbehilfe (auch gegenüber Missbrauchsgefahren) Rechtssicherheit geschaffen werden, um nicht zuletzt den Ärzten die Furcht vor Strafverfolgung zu nehmen. …

Ein Appell an die Ärzte:
Viele Ärzte bemühen sich ernsthaft, im konkreten Fall angesichts der völlig unsicheren Rechtslage auf eigenes Risiko eine humane Lösung zu finden. Sie mögen den Mut aufbringen, offen zu diskutieren, wie es um die ärztliche Sterbebegleitung wirklich steht, was sich alles in Grauzonen abspielt und wie nicht nur Patienten mit guten Privatkontakten oder dickem Geldbeutel, sondern allen Patienten zur Selbstbestimmung verholfen werden könnte. … Lehrstühle für Palliativmedizin sollten vermehrt geschaffen, alle angehenden Ärzte in Palliativmedizin unterrichtet und noch mehr Palliativstationen in den Krankenhäusern und Hospize eingerichtet werden.

Ein Appell an die Politik:
Die Parlamentsabgeordneten mögen allen Druckversuchen widerstehen und humanere Sterbehilfegesetze, wie von der Großzahl der Bürgerinnen und Bürger gewünscht, nicht länger hinauszögern. Auf die Schaffung neuer juristisch anfechtbarer Strafrechtsparagraphen für ein Verbot von Sterbehilfeorganisationen wird man besser verzichten und stattdessen zügig gesetzliche Regelungen zunächst einer streng verbindlichen Patientenverfügung (außer sie würde ausdrücklich widerrufen) auf den Weg bringen. …

Ein Appell aber auch an die Kirchen:
Kirchenleute und Theologen aller christlichen Konfessionen mögen nicht in Schwarzweißmalerei ein angeblich christliches Menschenbild” gegen ein weltlich-humanistisches” ausspielen und theologische Pseudoargumente gegen die Selbstverantwortung des Menschen in seiner letzten Lebensphase weiterkolportieren. Generalisierungen (Was wäre, wenn alle …”) sind ebenso zu vermeiden wie der Sachfrage ausweichende, allzu emotionale Erwägungen und Leidensverklärung. … “
Quelle: http://www.faz.net

 

Auch der renommierte evangelische Theologieprofessor Friedrich Wilhelm Graf (München) hat in dieser Woche den Kirchen vorgeworfen, in der Debatte um Sterbehilfe und Patientenverfügung die Bürger zu bevormunden. Im Streit über die Sterbebegleitung sind die Kirchen den gesellschaftlichen Erwartungen nicht gerecht worden”, schreibt der Theologe in einem Beitrag für die Süddeutsche Zeitung (19.02.2008). Darin kritisiert Graf, die Kirchen hätten lange Zeit die Sorgen und Nöte der Bürger ignoriert …

Auszüge:

” … Dies erklärt sich aus einer Logik der Machtsteigerung: Agieren beide Kirchen gemeinsam, steigern sie ihre Einflusschancen. Aber man darf bezweifeln, dass der Rat der EKD langfristig klug handelt, wenn er Positionen vertritt, die Grundeinsichten reformatorischer Theologie widersprechen und in der protestantischen Bevölkerung mehrheitlich abgelehnt werden. …

Die EKD hat im Juli 2008 für eine gesetzliche Regelung von Patientenverfügungen plädiert. “Selbstbestimmung des Patienten und die Fürsorge für ihn sind miteinander zu verbinden und aufeinander zu beziehen. (…) Selbstbestimmung allein reicht nicht aus.” Hier wird Fürsorge argumentationslogisch der Selbstbestimmung gleichgeordnet und damit Autonomie ausgehöhlt. Fürsorge kann sinnvoll ja nur dem freien Individuum gewährt werden, ist also kein gleichwertiges normatives Prinzip, sondern funktional auf Ermöglichung und Stärkung von Selbstbestimmung bezogen. Im Dezember hat der Rat der EKD die Entwürfe Stünkers und Zöllers abgelehnt, und mit wenigen Korrekturvorschlägen für den Bosbach-Entwurf Partei ergriffen und sich so gegen viele protestantische Abgeordnete gestellt.

Prälat Reimers, der Bevollmächtigte des Rates bei der Bundesrepublik und der EU, wirft Stünker vor, “dass er das Selbstbestimmungsrecht zum Ankerpunkt der gesamten Argumentation macht und dadurch problematische Folgen hervorruft”. “Jeder Mensch” sei “in der Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts darauf angewiesen, dass andere Menschen sich seiner annehmen und die Wünsche einer Patientenverfügung nicht einfach als das letzte Wort des Patienten nehmen”. Der klerikale Paternalismus spiegelt sich in einer Hermeneutik des Verdachts. Wer macht es sich mit Blick auf Leben und Tod denn ‘einfach’? …

Die EKD hingegen kann für ihre widersprüchliche Position kein einziges theologisches Argument aufbieten, das reformatorischer Theologie entspricht. Denn in den existentiellen Grundfragen meines Lebens und Sterbens bin ich unmittelbar zu Gott. Wann und wie ich mein Leben in Gottes Hand zurückgebe, habe ich nicht vor Staat und Kirche, sondern allein vor meinem Schöpfer zu verantworten.”

Quelle: http://www.sueddeutsche.de

 


09.01.2009

Beispiel für bloßes Zerreden und Widersprüchlichkeiten der EKD – ohne stringenge theologische Argumentation (Kritik daran s. o.) 

Der Bevollmächtigte des Rates der EKD, Prälat Stephan Reimers (Berlin) forderte am 18. Dezember in Berlin mehr Rechts- und Verhaltenssicherheit durch ein Patientenverfügungsgesetz. Da dies aber offenbar kein mögliches Gesetz leisten kann, soll von einem solchen Vorhaben abgesehen werden, so Reimers zu den Beratungen im Bundestag. (Ja, Sie haben ganz richtig gelesen). Reimers übt sich in der Kunst des Zerredens aller drei vorliegenden Entwürfe: Quellen (vom selben Tag):

EKD will Rechtssicherheit durch Patientenverfügung-Gesetz

EKD will lieber doch kein Patientenverfügung-Gesetz