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Arzt nie so ratlos mehr sachliche Debatten zur Suizidhilfe

3. Mrz 2012

Suizidhilfethema wieder häufiger in der Diskussion

Das Suizidhilfe und das Recht zu sterben (Right to die) wird derzeit wieder vermehrt thematisiert. Es gibt zahlreiche aktuelle Meldungen von dieser Woche, hier vom 27. 2. über  Dr. Ralf Jox, Autor des Buches: Sterben lassen: Über Entscheidungen am Ende des Lebens.

Ralf Jox entwickelt in seinem Buch ethische Kriterien, nach denen Entscheidungen am Sterbebett getroffen werden können. Er zeichnet ein umfassendes Bild vom Alltag auf deutschen Intensivstationen bis zur Suizidbeihilfe.

Leseprobe:

Wenn die Frage gestellt wird, ob Beihilfe zum Suizid ethisch gerechtfertigt sei, so antworten die meisten, man könne es im Einzelfall verstehen und auch für ethisch legitim halten, es sei aber im gesellschaftlichen Maßstab ethisch nicht zu rechtfertigen, diese Praxis zu erlauben oder sogar durch eine gesetzliche Regelung zu bestärken. Wieder andere, insbesondere Ärztefunktionäre, vertreten oft die Position, dass es sowohl individuell als auch gesellschaftlich legitim sein möge, es aber nichtsdestotrotz dem ärztlichen Berufsethos widerspreche. Das Problem solcher Argumentationen, so sympathisch sie auch differenzieren wollen, ist die Inkonsistenz: Ethische Urteile haben grundsätzlich einen universalen Geltungsanspruch, das heißt, ist man der Ansicht, Suizidhilfe sei ethisch erlaubt, sagt man damit zugleich, sie sei überall in der Welt und zu allen Zeiten und für alle Menschen unter vergleichbaren Situationen erlaubt. Wie kann man widerspruchsfrei argumentieren, Suizidhilfe sei zwar in konkreten Fällen ethisch zu vertreten, nicht aber transparent in der gesellschaftlichen Praxis? Und wie kann man zugleich behaupten, eine solche Hilfe sei Angehörigen oder anderen gesellschaftlichen Gruppen ethisch zuzugestehen, müsse aber Ärzten verboten bleiben?

Im Interview mit Deutschlandradio vom 27.2. fordert Jox mehr sachliche, öffentliche Debatten.

>> … Zum Beispiel über die Beihilfe zum Suizid. Fast jeder Arzt ist schon einmal von einem unheilbar kranken Patienten um ein Sterbemedikament gebeten worden. Auch Ralf Jox.
“Herr Doktor, können Sie nicht etwas tun und mir helfen, das Ganze zu beschleunigen? –  Ich erinnere mich gut, ich fühlte mich nie so ratlos wie in diesem Moment.
Auch Ralf Jox hat abgelehnt. In seinem Buch spricht er sich jedoch für die ärztliche Möglichkeit der Suizidhilfe aus – wie etwa ein Drittel seiner Kollegen.<<

Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/1688667/

 

Vereins- und Selbsthilfetreffen / Tagung  

Auch Veranstaltungen, Tagungen und soweit bekannt erstmalig eine Selbsthilfegruppe beschäftigt sich mit dem dialektischen Verhältnis zwischen Suizidhilfe und prophylaxe bzw. dem Tabu Sterbehilfe:

Im März finden in Berlin drei kostenfreie Treffen für Vereinsmitglieder mit dem Arzt Priv. Dozent  Dr. Johann-Friedrich Spittler statt, der die Suizidhilfe auch praktisch unterstützt:

1.)   Einladender: Huntington-Selbsthilfegruppe, Zeit: 20.3., 18.30 Uhr:

http://www.huntington-hilfe.de/index.php?showfd=1&fdid=69&fdwebid=906&MttgSession=85d109eb8edb120279cf9841db2b57e8 (Teilnahme auch für Nicht-Mitglieder möglich)

2.) und 3.) Einladender: Humanistischer Verband Deutschlands, 18. und 21. 3. (keine weitere Anmeldung mehr möglich, da auch der notwendig gewordene zweite Termin bereits “überlaufen”). Siehe Mitgliederrundbrief HVD Berlin/Brandenburg, S. 7: http://www.hvd-bb.de/sites/hvd-bb.de/files/rundbrief-februar-maerz-2012.pdf

 

Tagung der evangelischen zusammen mit der katholischen Akademie Berlin

Am 17. März, 9.15 Uhr in Berlin 

Thema:

Der Wunsch nach Sterbehilfe im Krankenhaus – ethische und theologische Herausforderungen

Teilnahmegebühr 7,50 Euro, Anmeldungen bis 9. 3. möglich

http://www.eaberlin.de/programm_detail.php?vstg_id=9816

http://www.katholische-akademie-berlin.de/_pdf/2012/Mrz/medizin_workshop_web.pdf

Aus dem Flyertext:

Ethisch besonders prekär sind jene Fälle, in denen Menschen frei ihre Gründe benennen, nicht mehr leben zu wollen: hohes Alter, nicht zu therapierende Schmerzen, schwere Behinderungen. Insbesondere im christlichen Kontext wird auch für diese Fälle bestritten, dass ein selbst bestimmtes das humanere Sterben ist.

Medizinethisch hat sich die Debatte zugespitzt, seit sich zeigt, dass es auch bei optimaler palliativmedizinischer Behandlung Patienten gibt, die den Wunsch nach Sterbehilfe äußern. Ärztinnen und Ärzte, wie auch das persönliche Umfeld der Patienten, sind dann mit einer sie belastenden und existenziell schwierigen Anfrage konfrontiert. Vor diesem Hintergrund fragt der 34. Workshop Medizinethik, was der Wunsch nach Sterbehilfe im Krankenhaus ethisch theologisch bedeutet .

(Hierbei dürfte es um eine Herausforderung theoretischer Natur gehen, wie Suizidwünsche auch von aussichtslos kranken Menschen aus christlicher Sicht zu begegnen ist – ohne in Erwägung zu ziehen, ihnen je nachkommen zu wollen).

 

Vorschau:  Kolloquium der Humanistischen Akademie Berlin am 12. und 13. Oktober

Ärztlich begleiteter Suizid 

gefördert durch die Bundeszentrale für politischen Bildung

12. Oktober ab 18 Uhr in Berlin

(Bei dieser Tagung dürfte es konkreter und dem Patientenwunsch nach Suizid aufgeschlossener zugehen.)

Vorgestellt wird u. a. der dann erschienene Akademieband V Suizidhilfe als Herausforderung Strafbarkeitsmythos  und Arztethos. Alle ärztlichen Autoren plädieren für eine Ethik der Gewissensfreiheit und Verantwortung.

Priv. Doz. Dr. med. habil.  Meinolfus W. M. Strätling, einer von mehreren ärztlichen Autoren des Bandes, wird am 12. 10. ab 18 Uhr das kritische Einführungsreferat halten zum Thema:

Ausbau der Palliativmedizin – (k)eine Alternative zum ärztlich begleiteten Suizid?

Bei der Tagung soll viel Wert auf die Debatte mit Bürger/innen und Patient/inn/en gelegt werden. Rechtzeitige Infos zum Buchband und zur Veranstaltung erhalten Sie über diesen Patientenverfügung-newsletter oder über:

http://humanistische-akademie-berlin.de/content/barmherzigkeit-menschenw%C3%BCrde-0

 

 Rückmeldungen auf unseren letzten Patientenverfügung-Newsletter zur Konferenz in Zürich 

 Unser letzter Patientenverfügung-Newsletter enthielt eine Meldung zur internationalen Sterbe-/Suizidhilfekonferenz mit Festakt vom 13. 18. Juni in Zürich. http://www.wfrtds-congress.com/index.php

Wir fragten, ob es denn anders als in anderen Ländern ausgerechnet in Deutschland offiziell keine entsprechende Interessenorganisation mehr gäbe, nachdem sich die DGHS (Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben) sich vom Ruch der Hilfe zum Suizid befreit und von der Mitgliedschaft in entsprechenden internationalen Vereinigungen zurückgezogen hat. Bekanntlich ist in Deutschland die Suizidhilfe bei einem Freiverantwortlichen auf dessen nachdrücklichen Wunsch hin nicht strafbar. Siehe aktuell: http://www.derwesten.de/region/westfalen/strafrecht-laesst-beihilfe-zur-selbsttoetung-zu-id6409196.html

Wir erhielten einige Rückmeldungen, darunter (aufgrund unserer Rechercheanfrage) von  Bernhard Sutter, dem verantwortlichen Vertreter für das Organisationskomitee für den Züricher Festakt zum 30. Bestehen der Schweizer Sterbehilfeorganisation  EXIT. Demnach umfasst diese internationale Konferenz zwar auch Sitzungen von RtDE (Right to die Europe) und v. a. von der WFRtDS (World Federation of Right to Die Societies). Laut Mitgliederliste von der WFRtDS http://www.worldrtd.net/de/member-organizations ist  unter Germany nur Dignitas (Sektion Deutschland) e.V. DIGNITATE aufgeführt, also die Deutsche Sektion der Schweizer Organisation DIGNITAS.

Es handelt sich laut Sutter aber um eine Konferenz, die sich nicht etwa nur an die Mitgliedsorganisationen, sondern an alle am Thema interessierten Kreise richtet.  Am Publikumstag (Freitag) gäbe es auch nicht wenige Redner/innen aus Deutschland. Dabei würde viel Hoffnung auf SterbehilfeDeutschland e.V. gesetzt. Siehe aktuellen Bericht zu dieser Organisation hier: www.dradio.de/dlf/über SterbehilfeDeutschland

Letztlich, so meint Sutter weiter, würde es aber wohl ein Zusammengehen mehrerer Organisationen brauchen, um in Deutschland die völlig legale Freitodhilfe in angemessenem Rahmen anzubieten. Auch dazu sollen in Zürich Gespräche geführt werden.