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Beitrag

Betreuungsfalle und Zwangsbehandlung – nur Bangemachen?

11. Feb 2013

INHALT

1. Menschen in der Betreuungsfalle – wenn Betreuung zum Albtraum wird

2. Zwangsbehandlung bei Psychiatriepatienten wieder eingeführt

3. Matthias Kamann in der WELT: Die anderen zum sanften Tod verhelfen – ganz legal

 

1. Menschen in der Betreuungsfalle – wenn Betreuung zum Albtraum wird

Ja, es gibt sie, Menschen in der Betreuungsfalle: http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1783694/Menschen-in-der-Betreuungsfalle

Darum ging es auch bei Sandra Maischberger in ihrer letzten Sendung Entmündigt wenn Betreuung zum Albtraum wird. Der juristische Experte unter ihren Gästen war Prof. Dr. Volker Thieler, Rechtsanwalt in München. Er dankte der Gastgeberin dann auch ausdrücklich dafür, sich endlich des Themas angenommen zu haben.

Im Verlauf der Sendung sollte deutlich werden, welche Probleme mit dem Betreuungsrecht in der täglichen Praxis verbunden sind. Hiltrud Boldt-Schiffer, ehrenamtlich engagiert in Handeln statt Misshandeln – Bonner Initiative gegen Gewalt im Alter, schilderte das Problem bei den Berufsbetreuern. Man habe es hier häufig mit vermögenden Menschen als Betreuten zu tun, dieser Markt habe ein Volumen von 40 Mrd. Euro. Nun sind den Zugriffsmöglichkeiten von Berufsbetreuern auf das Vermögen ihrer Klienten zwar vom Gesetzgeber rechtliche Schranken gesetzt worden. Es wurde aber deutlich, dass diese in der Praxis häufig wirkungslos bleiben. Maischberger verzichtete bemerkenswerter Weise auf die Beleuchtung innerfamiliärer Konflikte dabei sind es in aller Regel diese, die zu Problemen mit unerwünschten Fremdbetreuern führen, die dann vom Gericht eingesetzt werden. Das Angehörigen-Umfeld des Betroffenen, wo sich Gewinner und Betrogene gegenüberstehen, ist aber kaum gesetzlich regelbar. Muss nicht das Betreuungsgesetz da einfach unter die Räder geraten, wenn es von Familienangehörigen als Instrument zur Lösung von Streitigkeiten – etwa auch um das Erbe – missbraucht wird?

Rächer der Betrogenen

Als Rächer der Betrogenen wurde der erwähnte Münchner Rechtsanwalt Thieler bereits vor 10 Jahren im Spiegel tituliert und beschrieben. Er wurde mit einem Satz zitiert, der auch bei Maischberger nun wieder zu hören war: Es ist bei uns leichter, Betreuer zu werden als Würstchenverkäufer. In dem Spiegel-Artikel ging es übrigens auch um ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen Thieler, unter anderem wegen seines Vorgehens gegen Mieter und im Zuge von Ost-Immobiliengeschäften. So sollte man bei seiner harschen Kritik an der Betreuungspraxis vor allem um seine Klienten geht, die als Angehörige nach einem Familienstreit Opfer dieser Würstchenverkäufer geworden  sind. Ist also Thieler nicht in Wirklichkeit der Interessenvertreter der Gruppen, die in dem Streit um die Vormundschaft über entmündigte Menschen vor Gericht den Kürzeren gezogen haben – wie die FAZ in ihrer Fernsehkritik fragt? War Thieler in diesem Zusammenhang der hinreichend objektive Professor, um alle Berufsbetreuer und gleich auch das Gesetz pauschal zu verdammen?

Allgemeine Angst vor einer unerwünschten und unnötigen gerichtlich angeordneten “Betreuung ist unangemessen, denn es bleiben ja Einzelfälle, die das Fernsehpublikum in Schrecken versetzen. Vorsorgewilligen muss aber geraten werden: Vor allem bei voraussehbaren Familienkonflikten ist besonders darauf zu achten, wem man eine Vollmacht erteilt und wem lieber nicht. Zwei Personen gleichberechtigt zu bevollmächtigen, die nicht miteinander klar kommen, kann eben geradezu in die Fremdbetreuung führen, die dann “als Konfliktlösung” vom Gericht veranlasst wird, insbesondere, wenn es um potentiellen Streit um das spätere Erbe geht. 

Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/faz-net-fruehkritik/faz-net-fruehkritik-sandra-maischberger-wo-gesetze-an-ihre-grenzen-stossen-12052930.html

 

2. Zwangsbehandlungen wieder erlaubt

Der Bundestag hat im Januar mit großer Mehrheit grünes Licht für die Wiedereinführung der Zwangsbehandlung psychisch Kranker gegeben. Damit wird, diesmal auf gesetzlicher Basis, klinischen Psychiatern grundsätzlich erlaubt, psychisch kranke und geistig behinderte Menschen in Notsituationen (v.a. bei Selbst- und Fremdgefährdung”, Suizidalität usw.) auch gegen deren Willen Psychopharmaka, Elektrokrampftherapie o.a. zu verabreichen. Dies war zwischenzeitlich für 6 Monate – gerichtlich verboten worden. Betroffenen-Vertreter gehen von Menschenrechtsverletzung im Sinne der UN-Konventionen zu Patientenrechten aus und kritisierten die Verabschiedung des Gesetzentwurfs von Union und FDP scharf die Linke stimmte als einzige Fraktion dagegen.

Ein halbes Jahr lang war das Vorgehen einer Zwangsbehandlung nicht möglich gewesen. Im vergangenen Sommer hatte nämlich der Bundesgerichtshof entschieden, Zwangsbehandlungen seien nicht zulässig, weil eine ausreichende rechtliche Grundlage fehle. Genau dafür soll nun das neue Gesetz sorgen. Dafür gelten jetzt jedoch einige Bedingungen: Voraussetzung ist etwa, dass einem Patienten ohne Eingreifen erheblicher Gesundheitsschaden droht. Ein Richter muss den Schritt genehmigen, und der Patient muss in stationärer Behandlung sein, also in einer Klinik versorgt werden und nicht in einer Praxis oder zu Hause. Zudem soll nach Möglichkeit ein zweiter Arzt die Notwendigkeit der Behandlung bestätigen. “Wir brauchen eine Regelung für (…) die Ausnahmesituation, wenn es anders gar nicht geht”, hatte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im Deutschlandradio Kultur erklärt.

Historische Chance verpasst

Ganz anders sieht dies Dr. Martin Zinkler, Chefarzt der Psychiatrischen Klinik am Klinikum Heidenheim gemacht. Die sechsmonatige Experimentierphase (einer fehlenden Grundlage für Zwangsbehandlungen) habe “neue Möglichkeiten der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Patienten und Behandlungsteams” eröffnet. Zinkler plädierte dem Bundesjusiziministerium gegenüber dafür, zu prüfen, “ob nicht auf eine gesetzliche Grundlage zur medikamentösen Zwangsbehandlung grundsätzlich verzichtet werden kann”.

Grundsätzlicher ist die Kritik der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention, die in Berlin am Deutschen Institut für Menschenrechte angesiedelt ist. Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle, bezweifelte, “ob der Entwurf im Einklang mit der UN-Behindertenrechtskonvention steht”. Es sei “eine historische Chance verpasst worden, aus den Erfahrungen einer Psychiatrie ohne Zwang zu lernen und das System der psychiatrischen Versorgung weiterzuentwickeln”, schrieb er.

Nach Auffassung von Gita Neumann vom Humanistischen Verband Deutschland geht es jetzt darum, die die Souveränität von Menschen mit psychischen Erkrankungen bzw. die sich von Zwangsbehandlung bedroht sehen, zu stärken. Leider, bedauert Neumann, können wir das mit unseren Angeboten von Patientenverfügungen, die auf sich auf körperliche Erkrankungen und lebensverlängernde Behandlungen beziehen, nicht leisten. Dennoch wenden sich immer wieder verzweifelte Ratsuchende mit mehr oder weniger ausgeprägten Angststörungen an unsere Zentralstelle Patientenverfügung. Sie befinden sich teils diesbezüglich in dann freiwilliger – psychotherapeutischer Behandlung.” Sie könne keinesfalls über psychiatrische Patienten allgemein sprechen, nur über Erfahrungen mit dieser Gruppe. Bei diesen Menschen sei es nicht selten so, dass die Angst vor Zwangsbehandlung der eigentliche Inhalt ihrer Störung ist. “Dann verweisen wir in der Regel auf die Möglichkeit von Behandlungsvereinbarungen für Menschen mit einer Klinik oder ihrem Arzt des Vertrauens. Diese haben ja je nach Konkretisierungsgrad durchaus den Charakter einer verbindlichen Patientenverfügung.”

Viele verängstigte Menschen. so Neumann weiter, reagiertern geradezu panisch, wenn sie die Seite http://www.patverfue.de gelesen haben. Dort wird nämlich suggeriert: Es kann jeden jederzeit treffen, der Anruf eines Nachbarn bei einer Behörde genügt, und schon sei man völlig verloren in der Zwangspsychiatrie eingesperrt. Dagegen könne angeblich nur eine sogenannte Psychiatrie-Verfügung helfen, wobei strikt darauf zu achten wäre, jedes Gespräch mit einem psychiatrischen Arzt zu vermeiden. Denn dieser würde stets jeden Widerstand gegen eine Behandlung nur als Symptom eben einer schweren psychiatrischen Erkrankung klassifizieren. “Eine vertrauensbildende, sicherheitsstiftende Maßnahme gegen die Angst” so Neumann, “sieht natürlich anders aus.” Aber auch die Wiedereinführung einer möglichen Zwangsbehandlung erscheint für diese Patientengruppe verheerend: “Der Verweis, dass Ärzte doch in Zukunft erst alle alternativen Möglichkeiten auszuschöpfen und das Einverständnis der Betroffenen zu Psychopharmaka möglichst (!) einzuholen haben, beruhigt sie leider keinesfalls. Denn zur Angststörung gehört ja, stets nur das Negativste, Schlimmste und Auswegloseste anzunehmen – eben die Zwangsbehandlung.”

Quellen:

http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/medizinethik/default.aspx?sid=829865&cm_mmc=Newsletter-_-Newsletter-C-_-20130118-_-Medizinethik

http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2013-01/psychiatrie-zwangsbehandlung-gesetz

 

3. Matthias Kamann in der WELT: Die anderen legal zum sanften Tod verhelfen

Die vier Suizidhelfer Kusch, Spittler, Minelli und Arnold geben nicht auf. Nach eingehenden Interviews mit ihnen kommt Kamann zu einer tiefen Einsicht: Es gibt bei den Sterbehilfeakteuren eine Beharrlichkeit, die sich dem Verstehen entzieht. – Dies Beharrlichkeit gibt es bekanntlich in noch erstaunlicherem Maße bei ihren Gegner, die unbedingt auf eine Bestrafung der Vier aus sind.

Quelle: http://www.welt.de/politik/deutschland/article113446901/Anderen-zu-einem-sanften-Tod-verhelfen-aber-legal.html