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Feststellung des Patientenwillens trotz und bei PV meist schwierig

1. Mai 2011

Ärzte haben dem Patientenwillen zu folgen, ihn aber nicht festzustellen

Die drei Autoren Jörg-Dietrich Hoppe, Volker Lipp und Alfred Simon , die an den Grundsätzen der Bundesärztekammer zur Sterbebegleitung (2011) mitgewirkt haben, weisen nachdrücklich auf die dort vertretene Rechtsauffassung nach BGB hin:

Nicht der Arzt, sondern der Patientenvertretern hat den mutmaßlichen Willen des einwilligungsunfähigen Patienten zu ermitteln:

Ist ein Patient nicht ansprechbar, hat der Arzt Ziel und Ausmaß der Behandlung mit dem Patientenvertreter zu besprechen. Der Patientenvertreter hat den Patientenwillen festzustellen. Dabei hat er auf frühere Willensbekundungen des Patienten zurückzugreifen, um den aktuellen oder mutmaßlichen Willen festzustellen.

Quelle: http://www.faz.net

Aufgabe des Arztes ist es demgegenüber festzustellen, ob Maßnahmen noch medizinisch erfolgversprechend, d.h. indiziert seien. Danach folgt sofort die Frage, hätte der Patient diese gewünscht oder nicht – die nur vom Patientenvertreter zu beantworten ist. Die Mitwirkung des Arztes an einer ggf. notwendigen gemeinsamen Interpretation der Patientenverfügung beschränkt sich also darauf zu überprüfen, ob eine der darin genannten Situationen der medizinisch vorfindlichen entspricht. (Dies mag insofern erstaunen, als also selbst ein Arzt, der den Patienten vorher kannte, nicht dessen mutmaßlichen – Willen zu ermitteln bzw. zugrunde zu legen hätte.)

Was soll jedoch passieren, wenn kein legitimierter Patientenvertreter existiert oder zur Stelle ist?

Muss der Arzt dann in jedem Entscheidungsfall ein Betreuungsgericht anrufen? Nein, sagen die Grundsätze der Bundesärztekammer in nachvollziehbarer Weise, dies ist nicht erforderlich, wenn es eine hinreichend konkrete Patientenverfügung gibt: Liegt eine solche vor und ist kein Patientenvertreter vorhanden,

hat der Arzt den Patientenwillen anhand der Patientenverfügung festzustellen Trifft die Patientenverfügung auf die aktuelle Behandlungssituation zu, hat der Arzt den Patienten entsprechend dessen Willen zu behandeln. Die Bestellung eines Betreuers ist hierfür nicht erforderlich.

Sowohl Arzt und sofern vorhanden Patientenvertreter sollen (nicht: müssen!) bei der Willensermittlung jeweils Angehörige und sonstige Vertrauenspersonen des Patienten einbeziehen, sofern dies ohne Verzögerung möglich ist.

Für den Arzt gilt dies aber offenbar nur dann, wenn eine konkrete Patientenverfügung vorliegt. Wenn dies nicht der Fall ist und auch kein Patientenvertreter vorhanden ist, muss der Arzt jedenfalls das Betreuungsgericht zur Hilfe anrufen. (Vermutlich versucht die Bundesärztekammer mit dieser Transformation des Patientenverfügungsgesetzes in die Grundsätze für ärztliches Handeln, den Arzt von der allgemeinen Aufgabe der Ermittlung des Patientenwillens zu entlasten).

Quelle: http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Sterbebegleitung_17022011.pdf

 

Juristisch formvollendete Patientenverfügung oft mangelhaft

Wenn, was ja häufig der Fall ist, eine zwar juristisch formvollendete, aber inhaltlich mangelhafte Patientenverfügung vorliegt, stellt sich die Frage, was Bevollmächtigten dann zu raten ist:

Lieber gleich den Patientenwillen ohne Vorzeigen einer mangelhaften Patientenverfügung darlegen?

Bevollmächtigte Angehörige, für die der Patientenwille übereinstimmend klar ist, können nämlich durch eine zu eng gefasste, notariell beurkundetet Patientenverfügung tatsächlich in mehr Schwierigkeiten geraten als ohne. Zu solchen Risiken von unzureichenden Patientenverfügungen siehe konkreten Fall in: http://www.spiegel.de/panorama

 

 

Das “Thieme-Lehrbuch” muss für eine Patientenverfügung nicht eigens angeschafft werden!

Auf Wunsch einiger Patientenverfügung-newsletter-Abonnenten, die sich darüber beklagten, dass doch nun nicht jeder Interessent das neue Gesundheits- und Krankheitslehrbuch aus dem Thieme Verlag erwerben könne, weisen wir gern noch einmal auf die Seite mit dem Internet-Link zu einer Standard-Patientenverfügung / erweitertes Modell 2011 hin.

Wir waren offenbar fälschlicherweise davon ausgegangen, dass Patientenverfügung-newsletter-Abonnenten wissen, dass sie auf der Seite www.patientenverfuegung.de dieses Modell (und andere) leicht finden können. Siehe nochmals extra  hier im grün markierten Bereich

 

 

Wo es erforderliche kompetente Beratung und Hilfe gibt, soll morgen, 2. Mai im ZDF-Ratgeber WISO Anweisungen für den Ernstfall festhalten gezeigt werden:

2. Mai 2011, 19.25 Uhr mit Michael Opoczynski

 

 

Problem teils sachlich, teils rechtlich fehlerhafter Stellungnahmen

Immer wieder gibt es auf Veranstaltungen solche Beiträge und Stimmen von Ärzten, die besondere Autorität beim Publikum genießen:

Sie möchten nicht einsehen möchten, unter Strafandrohung auch auf eine Erfolg versprechende Maßnahme ggf. verzichten zu müssen, nur weil der Patient dies für den Zustand unheilbar krank zu sein, einmal so verfügt hat. Das können durchaus für ihre Patienten besonders engagierte Ärzte sein, welche die bestehende Rechtslage gelinde gesagt – gegen den Strich bürsten.

So wie beispielsweise der hannoversche Schmerzmediziner und Neurochirurg Prof. Wolfhard Winkelmüller. “Ärzte sind nicht zum Töten da”, sagte Winkelmüller vor einer Veranstaltung in der Hildesheimer St. Lamberti-Gemeinde. Als Allheilmittel erscheint Winkelmüller die palliativmedizinische Behandlung. Dabei stehe die verbleibende Lebenszeit und nicht das Sterben im Vordergrund. Unerträgliche Schmerzen von Patienten mit unheilbaren Erkrankungen sollten gelindert und Ängste genommen werden. Dafür sei eine ganzheitliche ärztliche, pflegerische und psychologische Betreuung wichtig.

“Palliativmedizin schafft neue Lebensqualität”, unterstrich Winkelmüller. Er nannte es problematisch, dass es im Strafgesetzbuch keinen eigenen Paragrafen zum Thema Sterbehilfe gebe. Diese Fälle würden durch die Paragrafen für Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen geregelt. Die rigorose Auslegung dieser Gesetze habe auch zum Suizid der hannoverschen Krebsärztin Mechthild Bach beigetragen. Die 61-Jährige Internistin hatte sich im Januar mit einer Morphium-Infusion getötet. Sie musste sich in einem jahrelangen Prozess wegen des Todes 13 schwer kranker Patienten verantworten. Ihr wurde vorgeworfen, überhöhte Gaben von Morphium verabreicht zu haben. Der Neurochirurg sagte, Bach habe nie den Tod der Patienten herbeiführen wollen. Ihr sei es vielmehr darum gegangen, Schmerzen zu lindern.

Die wichtigste ärztliche Aufgabe sei es, Leben zu retten. Es sei erschreckend, dass diesem Ziel ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes entgegenstehe …

Irritierend ist, dass vom evangelischen Pressedienst eine solche Einzelmeinung (?) ausführlichst und ohne die geringste Relativierung am 7.4.2011 verbreitet:

http://www.epd.de/niedersachsen_bremen/niedersachsen_bremen_index_87169.html

Dabei reiht sich Winkelmüller im letzten Punkt ein in die Stellungnahmen und Berichte über den Fall Putz, die sachlich und rechtlich völlig fehlerhaft vor allem aus dem Palliativ- und Hospizbereich erschienen sind. (Zu neuem Buch Sterben dürfen und Fernsehsendung über das jahrelange schwere Leiden von Erika Küllmer im nächsten Patientenverfügung-newsletter mehr).