So erreichen Sie uns:
Telefonzentrale 030 206 21 78 - 00
Mo, Di, Do 10–17 Uhr, Fr 10–14 Uhr

So erreichen Sie uns:
Telefonzentrale 030 206 21 78 - 00
Mo, Di, Do 10–17 Uhr, Fr 10–14 Uhr

mail@patientenverfuegung.de

Finden Sie eine_n
Berater_in in Ihrer Nähe

Beitrag

PKW-Maut lässt grüßen – 8 Organisationen gemeinsam gegen Suizidhifegesetz

4. Sep 2015

INHALT:

1. Ein beunruhigender Vorgang von Geheimhaltung und Desinformation Vorhaben zur PKW-Maut lässt grüßen

2. Bündnis aus acht Organisationen appellieren gemeinsam an Abgeordnete weitere Aktionen geplant
 
3. Rechtsexperten des Bundestages beanstandeten Suizidhilferegelungen als verfassungswidrig Bürger/innen ahnungslos
 

 

1.    Ein beunruhigender Vorgang von Geheimhaltung 

>> Obwohl sich die Bundesregierung bei dem Thema zurückhalten wollte, hat sie bei der Vorbereitung der im Bundestag diskutierten und verfassungsrechtlich umstrittenen Entwürfe zur Sterbehilfe offenbar eine maßgebliche Rolle gespielt. Das Justizministerium von Minister Heiko Maas (SPD) bestätigte, es habe insbesondere im Jahr 2014 eine Einschätzung zu Vorentwürfen und Eckpunkten sowie zu Fragen einzelner Abgeordneter abgegeben. Worin diese Einschätzung aus dem Bundesjustizministerium bestanden hat, wollte es jedoch geheim halten. Anders als die meisten Entwürfe im Bundestag stammen die zur Sterbehilfe nicht von der Regierung, sondern von den Abgeordneten selbst. << Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/gesetze-und-informationsfreiheit-maas

Gesetz zur PKW-Maut lässt grüßen

Die Abgeordneten sollen bei diesem Thema allein ihrem Gewissen verpflichtet sein, teilte eine Sprecherin mit. So schreibt der Tagesspiegel weiter.

Dies könnte als amtliche Aufforderung interpretiert werden, dass die jeweilige Weltanschauung, religiöse Bewertung oder ganz persönliche Motivation der einzelnen Abgeordneten sich über das Grundgesetz hinwegzusetzen hätte ein beunruhigender Vorgang in einer Demokratie.

Brisant: Der Tagesspiegel hatte die angeforderte Information aus dem Bundesjustizministerium (BMJ) erst durch einen Gang vor das Berliner Verwaltungsgericht (Az.:27 L 252.15) erzwingen können. In dem Rechtsstreit dort hatte das BMJ zunächst die Auffassung vertreten, die vom Tagesspiegel erbetene verfassungsrechliche Expertise des BMJ brächte keinen Mehrwert für die parlamentarische Beratung. Denn die Meinungsbildung der Abgeordneten hinge allein von der zutiefst persönlichen Einstellung zum Thema ab. Dass die Zuarbeit jetzt doch öffentlich bekannt gemacht werden musste, verdankt sich bezeichnender Weise einem früheren Beschluss des Verwaltungsgerichts vom Januar zur mittlerweile gestoppten Pkw-Maut. Damals hatten die Richter entschieden, das Verkehrsministerium müsse trotz laufender parlamentarischer Beratungen seine Berechnungen vorlegen (Az.: VG 27 L 494.14). Die Bekanntgabe entsprechender Informationen sei für die parlamentarische Beratung im Gesetzgebungsverfahren nicht nur ungefährlich, sondern sogar hilfreich. Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/gesetze-und-informationsfreiheit-maas-mischte-bei-sterbehilfe-mit/12275136.html 

Bei Abstimmung über Suizidhilfeverbote soll Verfassungsrecht die Abgeordneten nicht irritieren

Die geheim gehaltene Einschätzung aus dem Bundesjustizministerium dürfte auch Punkte behandeln, die in – erst vergangene Woche bekannt gewordenen – Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste (WD) des Bundestags beanstandet worden sind. Auch diese waren nicht offiziell veröffentlicht, sondern durchgestochen worden. Als verfassungsrechtlich hoch bedenklich werden im WD-Gutachten  die drei fraktionsübergreifenden Entwürfe der Abgeordnetengruppen um Michael Brand (CDU), um Peter Hintze (CDU) und um Renate Künast (Grüne) bewertet. Die Juristen kritisierten die fehlende Klarheit der Regelungen sowie Übergriffe in Landeskompetenzen. Demnach besteht das Risiko, dass ein Gesetz in Karlsruhe später als verfassungswidrig gekippt wird.

 

2.    Bündnis aus acht Organisationen appellieren gemeinsam an Abgeordnete weitere Aktionen geplant 

Zwei Monate vor der geplanten Abstimmung im Deutschen Bundestag über eine gesetzliche Einschränkung der Suizidhilfe hat das Bündnis für Selbstbestimmung bis zum Lebensende, in dem sich acht Organisationen zusammengeschlossen haben, ein Sechs-Punkte-Papier vorgelegt. Die plakative Überschrift lautet: Kein Staatsanwalt am Sterbebett gegen Beschlüsse ins Blaue. In dem Text appelliert das Bündnis an die  Parlamentarier, gegen die vorgesehene Kriminalisierung von Suizidhelfer/innen zu stimmen – auch im eigenen Interesse vor unabsehbaren Folgen.

Das Bündnis beruft sich dabei unter anderem auf die am 26. August bekannt gewordenen Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, die davon ausgehen, dass drei der im Parlament diskutierten Gesetzesentwürfe in unterschiedlicher Weise verfassungswidrig sind.

Die folgenden der federführenden Organisationen des humanistischen Bündnisses haben am 3. September zeitgleich dieselbe Erklärung auf ihren Internetseiten veröffentlicht:

Humanistischer Verband Deutschlands (HVD

giordano-bruno-stiftung (gbs)

Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS)

Das humanistische Bündnis für Selbstbestimmung bis zum Lebensende kämpft seit seiner Gründung im Frühjahr 2014 mit einer Vielzahl von Aktionen und Veröffentlichungen gegen eine Kriminalisierung der bislang erlaubten Freitodbegleitung. Dies entspricht dem klaren Votum der deutschen Bevölkerung. Immerhin wünschen sich zwei Drittel der Deutschen die Möglichkeit, ihr Leiden im Falle einer schweren Erkrankung auch mit ärztlicher Hilfe abkürzen zu können. Vor der geplanten Abstimmung ist noch zumindest eine Aktion geplant, die sich direkt an die Bundestagabgeordneten wendet.

 Finanzielle Unterstützung dringend erwünscht

 Die enormen Kosten bringen die Verbände an ihre Grenzen. Wer weitere Aktionen finanziell unterstützen möchte, kann dies auf der Spendenseite dieses Patientenverfügung-newsletters tun. Bitte dazu unbedingt ganz unten im Feld für Mitteilungen – das Stichwort Aktion gegen Suizidhilfegesetz angeben. Es kann sonst nicht garantiert werden, dass die einmalige Spende ausschließlich für diese Bündnisaktivität verwendet wird  und (ab 200 Euro automatisch) eine steuerlich abzugsfähige Bescheinigung zugesandt wird. Es kann online gespendet werden oder auf das dort auch genannte Konto:  https://www.patientenverfuegung.de/meine-spendemein-foerder-beitrag

 Unterstützt wird die Positionierung des Bündnisses von einer beeindruckenden Zahl namhafter Expert/innen. So wandten sich über 140 deutsche Strafrechtslehrer/innen im April 2015 mit einer gemeinsamen Resolution gegen ein strafrechtliches Verbot der Suizidhilfe. Auch medizinische Fachgesellschaften haben sich deutlich gegen derartige Verbotsbestrebungen ausgesprochen. Vor zwei Wochen veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie eine Stellungnahme, die jeden neuen Strafrechtparagraphen zur Suizidhilfe ablehnt. Zudem  liegen dem Bündnis  Gutachten vor Strätling u.a./sachverstaendigengutachten-zu-regelungsentwuerfen-zur-suizidhilfe vor, welche auch aus medizinetischer Sichtdie Schwächen der in die Kritik geratenen Entwürfe analysieren.

 

3.    Rechtsexperten des Bundestages beanstandeten Suizidhilferegelungen Bürger/innen ahnungslos

 Noch im Herbst will der Bundestag über eine zukünftige Bestrafung der Suizidhilfe entscheiden, die bisher straffrei ist. Das wissen allerdings (laut aktueller Infrateststudie im Auftrag der Dt. PalliativStiftung) 87 % der Bundesbürger gar nicht, die fälschlich meinen, die Beihilfe zur Selbsttötung in Deutschland sei verboten. Dies ist völlig verständlich, wenn ein ernsthaft erwogener Suizid in Praxis nur gegen ungeahnte Widerstände möglich ist, obwohl legal und in der Familie  akribisch vorbereitet: Siehe in der ZEIT Fallgeschichte Vaters letzter Wille – Suizid gegen polizeiliche Widerstaende 

Bürger/innen müssen dann den Politiker/innen glauben, dass eine Neuregelung nur die Geschäftemacherei beträfe und ansonsten eine moderate oder gar liberale Lösung beinhalte. Dem ist jedoch nicht so. In erster Lesung hatten die Abgeordneten Anfang Juli über die insgesamt vier fraktionsübergreifend erarbeiteten Gesetzentwürfe diskutiert. Es zeichnete sich als absolute Priorität des Bundestages ab, künftig geschäftsmäßige Sterbehilfe von Vereinen oder Einzelpersonen verbieten zu wollen. Geschäftsmäßig heißt aber in juristischer Definition: eine Tätigkeit zum Gegenstand seiner Geschäftigkeit zu machen was mit Geldgeschäft oder kommerziellem Tun prinzipiell gar nichts zu tun hat, sondern auch unentgeltlich oder ehrenamtlich erfolgen kann. Auch darüber bestehen weitgehende Informationsdefizite bei Abgeordneten ebenso wie bei Bürger/innen.

Ausgerechnet der Verbotsvorschlag, der sich eben gegen die Vermittlung und Gewährung geschäftsmäßiger Suizidhilfe durch Organisationen oder Einzelpersonen wendet, wird im Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes am schärfsten kritisiert. Er wurden durch die Gruppe um die Abgeordneten Michael Brand (CDU), Kerstin Griese (SPD), Kathrin Vogler (Linke) und Elisabeth Scharfenberg (Grüne) eingebracht. Dieser Gesetzentwurf hatte nicht nur bisher im Regierungs- wie im Oppositionslager mit Abstand den größten Zuspruch der Bundestagsabgeordneten bekommen, sondern auch Kanzlerin Angela Merkel  hatte ihre Unterstützung signalisiert. Siehe: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sterbehilfe-bundestagsexperten-beanstanden-gesetzentwuerfe-a-1049838.html

 Die inzwischen erst verzögert veröffentlichte – Bewertung durch die völlig wertneutralen Juristen des Wissenschaftlichen Dienstes (WD) des Bundestags, also aus dem eigenen Haus, durfte als blamabel gelten. Mehr zu den Beanstandungen des WD im Einzelnen:Patientenverfügung-newsletter/2015-08-26/rechtsexperten-des-bundestages-beanstanden-suizidhilferegelungen