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Ware Krankheit – Palliativmediziner für standesrechtliches Verbot der Suizidhilfe

2. Mrz 2014

I N H A L T: 

  1. Immer mehr nutzlose Operationen aus wirtschaftlichem Interesse?

  1. Verlieren jetzt auch Palliativstationen ihre Menschlichkeit?

  1. Unterschiedliche Berufsordnungen der 17 Landesärztekammern zur Suizidhilfe

  2. Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin für einheitliches Suizidhilfe-Verbot bei Respekt vor einem Todeswunsch

1. Ware Gesundheit immer mehr nutzlose Operationen aus wirtschaftlichem Interesse?

Wenn das Krankenhaus pro Fall bezahlt wird und Gewinn machen muss, braucht es einen schnellen Durchlauf möglichst vieler, lukrativer Fälle, einschließlich blutiger Entlassung. Das war ein Ergebnis auf dem 43. Symposion für Juristen und Ärzte Patientenrechte und ärztliches Handeln in Berlin, welches den enormen Anstieg von Operationen in Deutschland thematisierte.

>> Der Berliner Mediziner, Gesundheitswissenschaftler und -manager Markus Müschenich sprach darüber, wie wirtschaftliche Überlegungen Therapieentscheidungen beeinflussen. … die Indikation zu einer Operation (wird) immer häufiger mit dem Blick auf wirtschaftliche Interessen und nicht aus medizinischen Gründen gestellt Kriminalisten fragen nach der Tatgelegenheitsstruktur. Das Krankenhaus hat sie, sagte Müschenich.

Aus dem Gesundheitswesen ist die Gesundheitswirtschaft geworden, sagte zu Beginn des Symposions Paul Unschuld von der Charité. Der Medizinhistoriker und Pharmazeut hat dazu ein streitbares Buch geschrieben: Ware Gesundheit. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie hinterfragt ebenfalls selbstkritisch, ob bei fortschreitender Kommerzialisierung der Medizin noch eine vernünftige Patientenversorgung gewährleistet ist. <<

Quelle: http://www.tagesspiegel.de/zwischen-uebertherapie-und-blutiger-entlassung-die-ware-gesundheit

Siehe auch Studie in heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/todesfall-risiko-durch-gestresste-pfleger

 

2. Verlieren jetzt auch Palliativstationen ihre Menschlichkeit?

Es kann nicht verwundern, wenn gleichzeitig der palliativ-hospizliche Mythos vom friedlichen Sterben (DER SPIEGEL) bröckelt. Auch Palliativstationen bekommen zunehmend die gesundheitspolitischen Fehlentwicklungen zu spüren. Auf dem diesjährigen Deutschen Krebskongress Ende Februar erlebten wir an unserem Patientenverfügungs-Infostand sehr Erstaunliches: Etliche Palliativmediziner/innen haben uns ihr Leid geklagt, berichtet Gita Neumann vom Humanistischen Verband Deutschlands. Etliche würden diese Ausbildung nach eigenen Angaben nicht noch einmal machen. Die idealistische Erwartung von mehr Menschlichkeit in der Sterbebegleitung sei einem Ausgebranntsein, zunehmender Ernüchterung und auch Enttäuschung bei Patienten und Angehörigen gewichen, die sich von uneinlösbaren Versprechen beim hospizlich begleiteten Sterben getäuscht sähen.

Dies könnte als subjektiv gefärbter Kongresseindruck abgetan werden. Doch nun berichten leitende Palliativ-Mitarbeiter/innen offen (mit Nennung ihrer Namen) auch im SPIEGEL über diese Probleme hinter den Kulissen:

<< Die Palliativstation des Juliusspitals in Würzburg wirkt wie ein warmer, gemütlicher Ort. Für Angehörige der Sterbenskranken gibt es Wohnküchen, in jedem der 15 geräumigen Zimmer kann ein zusätzliches Bett für sie reingestellt werden. Doch der Eindruck von einem friedvollen Tod in freundlicher Atmosphäre trügt: Hinter den Kulissen arbeitet das Personal an der Belastungsgrenze. Viele der Ärzte und Pfleger, die hier arbeiten, fühlten sich zunächst zur Palliativmedizin hingezogen, erzählt die Stationsleiterin Regina Raps. Sie schätzten hier das, was die Medizin in großen Teilen verloren hätte: das freundliche Miteinander des Personals, den ganzheitlichen Behandlungsansatz und die Möglichkeit, mehr Zeit mit den Patienten zu verbringen. …

“Am Anfang herrschte auf der Station Euphorie”, sagt Chefarzt Rainer Schäfer, der die Station verantwortet. Übriggeblieben ist davon nicht viel, denn die Belastung des Personals nimmt ständig zu. Der Grund: Die Menschen, um die sich die Mitarbeiter kümmern müssen, sind immer kränker, sagt Schäfer. “Vor zehn Jahren kamen manche Patienten noch zu Fuß zu uns.” Jetzt kommen sie schwerkrank auf Tragen Vor kurzem verstarb an einem einzigen Wochenende die Hälfte der Patienten auf der Station. Laut Schäfer haben die Patienten zunehmend mehrere Leiden gleichzeitig, wenn sie auf die Palliativstation kommen: Sie sind dement oder körperlich behindert und zusätzlich krebskrank. Oder sie haben psychische Probleme, kommen aus zerrütteten Familienverhältnissen. Vor kurzem, so erzählt es die Stationsleiterin Raps, wurde eine Mitarbeiterin von einem verzweifelten Patienten mit einem Stuhl bedroht. Eine Nachtschicht später versuchte einer der Patienten, sich das Leben zu nehmen.

Der vermeintliche Tod erster Klasse

Auch die zunehmenden Erwartungen von Patienten und Angehörigen seien eine Belastung, sagt Schäfer. “Die Medizin signalisiert, dass alles machbar sei”, sagt er. Das schürt Hoffnungen. “Es gibt diesen Mythos vom friedlichen Sterben, vom Tod erster Klasse. Doch den gibt es nicht”, sagt Schäfer. Ein Dilemma: Werde das vermeintliche Versprechen nicht eingehalten, würden die Angehörigen mitunter aggressiv, sagt Raps. 2001 wurde die Station gegründet, nach spätestens sechs Jahren seien zwei Drittel des Personals wegen Überlastung ausgestiegen, sagt Schäfer. Viele hätten eine Depression bekommen

Pfleger halten nur ein paar Jahre durch

“Die Situation in Würzburg ist typisch für Deutschland”, sagt Ernst Engelke, emeritierter Professor und Pionier der Hospizbewegung in Deutschland. Diese war einst eine Reaktion auf entwürdigendes Sterben in Krankenhäusern. Eine Reaktion etwa auf jene Praxis, Patienten zum Sterben ins Bad zu schieben. Engelke sagt, dass aus den Bädern jetzt ganze Stationen geworden sind. “Was wir gerade erleben, ist eine Perversion, Menschlichkeit ist nicht mehr gewährleistet” [und er ] fordert ein Umdenken: “Es sollte entweder keine Palliativstationen mehr geben, oder alles sollte Palliativstation werden.” <<

Quelle: www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/palliativstationen-der-mythos-vom-friedlichen-sterben

 

3. Unterschiedliche Berufsordnungen der 17 Landesärztekammern zum ärztlich assistierten Suizid 

Die TAZ hat jetzt dankenswerter Weise recherchiert, in welchen Bundesländern welche standesrechtlichen Regelungen zum ärztlich assistierten Suizid gelten: Ausdrückliche Tolerierung, Sanktionierungsdrohung bis zum Berufsverbot (wie es die Bundesärztekammer vorschreiben wollte), Variationen oder noch die überkommene Sterbe-Regelung von früher? Die allein zuständigen Landesärztekammern sind diesbezüglich autonom.

In den letzten Lebensfragen gleicht die Republik einem Flickenteppich moralisch motivierter Willkür Es droht ein innerdeutscher Suizid-Tourismus, warnt Prof. Urban Wiesing, Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin an der Universität Tübingen. Wiesing, bis 2013 zugleich Vorsitzender der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer, ist überzeugt: Eine solche Vielfalt im Standesrecht ist den Patienten in Deutschland nicht zumutbar.

Ob die von der TAZ beschriebenen Auswirkungen des Wohnorts wirklich so drastisch sind, erscheint allerdings fraglich. Denn bekanntlich war es auch vorher schon und ist es weiterhin überall (gleich) schwer, seinen behandelnden Arzt zu einer Suizidhilfe zu motivieren.

Was unterscheidet Berlin von Brandenburg und sogar Köln von Münster?

>> Danach riskiert seine Approbation, wer in Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen oder Thüringen einem Patienten beim Suizid assistiert und dabei erwischt wird. In Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein dagegen existiert kein explizites Verbot des ärztlich assistierten Suizids. Folglich riskieren Ärzte dort auch keine berufsrechtlichen Konsequenzen, wenn sie entsprechend helfen.

Besonders prekär ist die Lage in Nordrhein-Westfalen, wo es gleich zwei Ärztekammern gibt <<

Quelle und mehr: http://www.taz.de/Sterbehilfe-in-Deutschland/!133802/

 

4. Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin für einheitliches ärztliches Suizidhilfe-Verbot bei Respekt vor einem Todeswunsch

Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) hat sich in einer Broschüre zum ärztlich assistierten Suizid positioniert (Stand: Januar 2014). Darin versucht sie den Spagat zwischen einerseits überzeugenden Reflektionen und Respekt vor dem Patientenwunsch und andererseits einem einheitlichen standesrechtlichen Verbot durch alle Landesärztekammern: Dies könne, so die DGP, dennoch eine Chance für Ärzte bieten, sich in hochkomplexen begründeten Einzelfällen ohne Furcht vor Sanktionen zu entscheiden. Allerdings wendet sich die DGP damit – unausgesprochen – gegen liberalere Auffassungen, wie sie die Landesärztekammern etwa in Bayern, Berlin, Westfalen, Sachsen-Anhalt und vier weiteren Ländern für alle Ärzte in ihren Regionen formuliert haben.

Die Deutsche Ärztezeitung fasst Zitate aus der DGP-Broschüre zusammen. So heißt es darin: 

>> “Selbst bei exzellenter Palliativmedizin wird es Menschen geben, die aus der Situation ihrer schweren Erkrankung heraus Suizid begehen möchten, diesen unter Umständen aber nicht selbst durchführen können oder wollen”, stellt die DGP klar.

Die Palliativmedizin biete aus ihrem lebensbejahenden Ansatz heraus Hilfe beim Sterben an, jedoch nicht Hilfe zum Sterben. Daher gehört es aus Sicht des DGP-Vorstands nicht zum Grundverständnis der Palliativmedizin, Beihilfe zum Suizid zu leisten oder über die gezielte Durchführung eines Suizids zu beraten.

Bei “schwierigen Einzelfällen” könne es für Ärzte aber zu “Dilemma-Entscheidungen” kommen, räumt der Verband in der Broschüre mit dem Titel “Ärztlich assistierter Suizid. Reflexionen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, ein.

Das in der (Muster-)Berufsordnung der Bundesärztekammer (MBO) 2011 festgeklopfte Verbot einer ärztlichen Mitwirkung am Suizid stößt bei der DGP auf Zustimmung – wenn darunter das Verbot der Verordnung eines Medikamentes zum Ziel der Ausführung eines Suizides sowie das Verbot der konkreten Anleitung zur Suizidplanung verstanden werde.>>

Quelle: http://www.aerztezeitung.de/dgp-broschuere-respekt-todeswunsch-unheilbar-kranker

DGP-Broschüre (Jan. 2014) zum Umgang mit Suizidwunsch hier als Download.