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Ende der Paradoxie – Herzschrittmacher als Problem – Optimale PV

4. Feb 2014

I N H A L T:

1.)   Gerichtsentscheidung für den Tod – Arzt muss Suizidpatienten nicht zwingend am Leben erhalten

2.)   Weitere Themen:

       Problem Herzschrittmacher auf dem Sterbebett /

       WISO-Tipp zur maßgeschneiderten Patientenverfügung

 1. Ende der Paradoxie beim Auffinden eines bewusstlosen Suizidpatienten

Das Landgericht Deggendorf hat im September 2013 einen wichtigen Beschluss gefasst, den die Kanzlei Putz und Steldinger (die selbst in diesem Fall nicht mitgewirkt hat) gestern dankenswerterweise veröffentlicht hat:

Ein Arzt, der einen Suizidpatienten sterben lässt, kann nicht bestraft werden. Vorausgesetzt, der Mensch wollte ersichtlich aus freiem Willen aus dem Leben scheiden. Angeklagt wegen “Totschlags durch Unterlassen” war der Arzt eines hochbetagten Ehepaares. Dieses hatte sich eine tödliche Dosis Morphin zusammengesammelt.

 << Die Richter hatten es mit dem bewegenden Schicksal eines Ehepaars zu tun. Der 84-jährige Mann war schwer krebskrank, kümmerte sich aber aufopferungsvoll um seine seit Jahren bettlägerige 83-jährige Frau. Das Paar plante seit einiger Zeit, sich gemeinsam das Leben nehmen wovon der Sohn und eine Nachbarin wussten. Über Monate zweigten sie kleine Mengen von ihren Medikamenten ab, bis sie eine tödliche Morphin-Dosis zusammenhatten. Als der Arzt eintraf, lagen die Papiere einschließlich des Testaments sorgsam geordnet auf einer Kommode. Der Frau war bereits tot, der Mann saß bewusstlos im Rollstuhl. Der Arzt untersuchte ihn, unterließ aber weitere lebensrettende Maßnahmen. Auch, weil der Sohn ihn eindringlich darauf hingewiesen hatte, sein Vater habe sich freiwillig und bei klarem Verstand zur Selbsttötung entschieden.

Dennoch klagte die Staatsanwaltschaft den Arzt wegen Totschlags durch Unterlassen an. Er musste allerdings nie auf der Anklagebank Platz nehmen: Das Landgericht lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Und zwar, weil sich der alte Mann aus Angst vor einem leidvollen Endstadium seiner Krankheit für den Tod entschieden hatte. Ein Bilanzsuizid, der auf einer rationalen Abwägung aller Umstände beruht. Das Gericht verweist auf das 2009 erlassene Gesetz zur Patientenverfügung. Dessen Sinn sei es, die freie Entscheidung des Betroffenen zu achten unabhängig von Art und Stadium seiner Krankheit.

Der Beschluss ist bemerkenswert, weil Suizidfälle früher im Strafrecht geradezu paradox bewertet wurden. Beihilfe zur Selbsttötung ist nicht strafbar, wer also das Gift bereitstellt, kann nicht verurteilt werden. Sobald aber der Suizidwillige das Bewusstsein verlor, galt eine Rettungspflicht beispielsweise des Arztes oder des Angehörigen; ihnen drohte eine Verurteilung wegen Tötung durch Unterlassen. << Quelle: http://www.sueddeutsche.de/q5638P/1814107/Entscheidung-fuer-den-Tod.html

 

Diese überkommene, aus den 50er Jahren stammende und bis heute stets übernommene Rechtsauffassung dürfte damit endlich Geschichte und als paradoxer Mythos entlarvt sein. Darauf hatte RA Putz bereits in seinem Beitrag im Buch Suizidhilfe als Herausforderung – Arztethos und Strafbarkeitsmythos hingewiesen. Er dürfte damit wieder einmal unter Beweis gestellt haben, sich in Einklang mit der Rechtsentwickung zu befinden wie in den beiden folgenden, von ihm vertretenen Fällen:

Schon 2010 hatte die Staatsanwaltschaft München I die Ermittlungen gegen die Kinder einer demenzkranken Frau eingestellt, die während ihres Suizids bei ihr gewacht hatten, ohne einzuschreiten. Im selben Jahr hat auch ein Urteil des Bundesgerichtshofs das Recht auf den eigenen Tod gestärkt. Die Richter hatten den Behandlungsabbruch bei einer Wachkomapatientin für rechtens erklärt, weil die Frau früher stets künstliche Ernährung abgelehnt hatte.

Das aktuelle Urteil, von RA Putz freundlicherweise zur Verfügung gestellte Deggendorfer Urteil vom September 2013 finden Sie hier: http://www.patientenverfuegung.de/files/lg_deggendorf.pdf

Das Gericht macht darin klar, dass es die dreizig Jahre alte BGH-Entscheidung von 1984 im Fall Dr. Wittig damit ausdrücklich nicht (mehr) teilt. Es stellt auch auf die Tatsache ab, dass die aktuelle Rechtsentwicklung ihren Niederschlag im Patientenverfügungsgesetz von 2009 gefunden hat. Damit liegt nach einer Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft München erstmals eine gerichtliche Entscheidung vor.

Siehe die Mitteilung u. a. an den Patientenverfügung-newsletter von gestern hier: http://www.patientenverfuegung.de/aktuelles/2014-2-3/mitteilung-aus-der-kanzlei-putz-steldinger-zu-richterlichen-entscheidungen

  

2. Weitere Themen:

 Zum Problem Herzschrittmacher aus der Ärztezeitung:

>> Wenn Schrittmacher zum Problem werden – Keine Exit-Strategie auf dem Sterbebett

Defibrillatoren und Schrittmacher sollen das Leben verlängern – manchmal machen sie aber nur das Sterben qualvoller. Über die Deaktivierung der Geräte wird mit Patienten offenbar zu selten und zu spät gesprochen. … <<

Weiter:  http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/herzkreislauf/herzrhythmusstoerungen/?sid=851656

Siehe auch: http://www.onmeda.de/g-medizin/herzschrittmacher-ausschalten-2260.html 


 

WISO-Ratgeber (ZDF) zur Optimalen Patientenverfügung:

WISO-Tipp in der Sendung vom 20.1.2014: Einmalig etwa 120 Euro seien dafür gut angelegt, WISO empfiehlt eine maßgeschneiderte Patientenverfügung anfertigen zu lassen siehe Beratung, Verwahrung und auch spätere Überprüfung im Humanistischen Verband Deutschlands.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2066908/WISO-Tipp-Patientenverfuegung#/beitrag/video/2066908/WISO-Tipp-Patientenverfuegung

oder:  

http://www.zdf.de/form/WISO/WISO-Archiv